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Samstag, 6. September 2008

Vorbereitungen

Knotenkunde mit Bildern als erwünschter Nebenwirkung: Ausnahmsweise findet der kleine Workshop in der Heimatbasis statt. Also heute schnell durchgekehrt, Getränke besorgt und schon mal das Licht aufgebaut. Morgen geht es dann auf mit Sack und Pack ins Studio, um zwei interessierten Einsteigern die Grundlagen von Kreuzknoten & Co. im Zusammenhang mit erotischen Verwicklungen nahe zu bringen und die Ergebnisse gleich fotografisch festzuhalten.

Montag, 1. September 2008

Europa, vereint in Ketten

Leider nicht im angenehmen Sinn: In England dräuen die Weiterungen des Gesetzes, das den Besitz „gewalttätiger und extremer Pornographie“ verbietet. Schon im Juni zeigten erste Anfragen, dass die Grauzone riesig werden kann und BDSMer schnell mit einem Bein im Gefängnis stehen. Eine aktuelle Aktion des Consenting Adult Action Network (CAAN) macht keine Hoffnung auf ein Einsetzen der Vernunft auf staatlicher Seite. Von fünf befragten Anwälten waren zwei der Ansicht, dass z. B. Madonnas mittlerweile gut abgehangenes Fotobuch Sex in England künftig geeignet sein könnte, seine Besitzer in den Knast zu bringen.

Auch in Deutschland wird es interessant, wenn das neue Gesetz gegen „Jugendpornographie“ in Kraft tritt. Das kann nicht nur je nach Auslegung durch die Behörden Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (!) kriminalisieren, wenn Sie sich im Überschwang der Gefühle gegenseitig oder selbst fotografieren. Bis zu fünf Jahre Knast kann es auch geben, wenn die Abgebildeten den Eindruck erwecken, unter 18 zu sein („Scheinminderjährige“) – das dürfte manche betreffen, die auf einschlägige Rollenspiele stehen. Details und Diskussionen sind zu finden unter Strafverbot von „Jugendpornographie“ tritt bald in Kraft und Neuer Schub für die Hexenjagd.

Mittwoch, 6. August 2008

BDSM ist geil – für die Medien

Und hier gleich das aktuelle Gegenstück zum Thema Medien als Weg zu BDSM und ein immer noch typisches Beispiel, wie BDSM von Medien als Aufhänger genutzt wird: Der Tod einer 20jährigen bei einem Foto-Shooting mit SM-Hintergrund in Beelitz. Während die regionale Presse ausführlich, zum Teil spekulativ, aber doch weitgehend unaufgeregt berichtet (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9), macht der „Focus“ ein Fass auf: Unter dem Titel „Verhaftung nach Fesselsex“ packt Autor Herbert Reinke-Nobbe fröhlich alle Klischees und Vorurteile zusammen, die man halt so von der schwarzen Szene hat – mit Gothic und BDSM zusammen gruselt sich's doch gleich doppelt gut.

Reinke-Nobbe gibt zu, dass er über die Hintergründe des Vorfalls mindestens so sehr im Dunklen tappt wie die ermittelnden Behörden. Das hindert ihn nicht daran, mit suggestiver Wortwahl und raunenden Fragen Stimmung zu machen. Ganz nebenbei nennt er so viele Details über den verhafteten Fotografen, dass der auch ohne Namensnennung eindeutig identifizierbar ist.

Der Erfolg zeigt sich bereits in den Kommentaren zum Artikel, wo sich eine „Rosemarie“ aus verschiedenen nicht miteinander verbundenen Details zusammenfantasiert „Dem Mädchen wurde die Kehle aufgeschlitzt (…)“, ein „Mike“ fordert „Jetzt muß hart durchgegriffen werden, der Staat hat viel zu lange beim Thema Gothic und Sadomaso gepennt!! (sic)“ und ein „Homunculus“ sieht wieder einmal den Untergang des Abendlandes dräuen und Repression als probates Gegenmittel: „In letzter Zeit häufen sich Todesfälle im Zusammenhang mit Sexpraktiken. Es handelt sich offensichtlich um traurige Endpunkte suchtartigen Verhaltens. Die Droge heißt Porno. Fast unbemerkt ist eine riesige internationale Industrie größer als die größten Softwareunternehmen der Welt gewachsen. Diese sollte endlich über die Provider(Telekom, 1&1, etc.) strikt reguliert werden.“

Wer will es da noch wagen, offen zu seinen Vorlieben zu stehen, besonders wenn er oder sie im professionellen oder privaten Umfeld ohnehin gewisse Rücksichten nehmen muss? Wer die Szene kennt, weiß, dass sich da ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung tummelt, vom Hilfsarbeiter bis zum Universitätsprofessor, und dass der Anteil der Spinner und Pappnasen etwa ebenso hoch oder niedrig ist wie im normalen Alltag. Aber bring das mal dem inzwischen auf Krawallbespaßung dressierten gemeinen Medienkonsumenten bei. *soifz*

Sonntag, 6. Juli 2008

Campingfreuden

Der Webcomic xkcd hat eine wunderbare Begründung* dafür, warum auch Bondagern und BDSMern grundlegende Biologiekenntnisse oder alternativ die Orientierung am Pfadfindermotto „Allzeit bereit!“ nicht schaden. Details verraten alt- und title-Attribut der Episode.

Know Your Vines

Sonntag, 27. April 2008

Richtig gewickelt

Ein schönes Paket

Unter den verschiedenen Methoden, ein williges Opfer zu fixieren, gehört die Mumifizierung zu den effektivsten. Zugleich unterstützt sie den meditativen Aspekt von Bondage, da sie die Begünstigten komplett von der Außenwelt abschließt. Zum Einwickeln eignet sich eine ganze Reihe von Materialien, wobei mittlerweile die Folienmumie die kanonische Form geworden ist. Vor allem bei Komplettmumifizierungen gilt es einige Dinge zu beachten. Mumienbondage ist für Aktive ebenso wie für Passive nichts für den Einstieg.

Material

Für die ersten Schritte genügt die Haushaltsfolie aus dem Discounter. Sie ist unschlagbar billig und sehr handlich. Allerdings krumpelt und knistert sie recht unschön. Außerdem benötigt man ziemlich viel davon, um eine feste Ganzkörpermumie zu produzieren.

Erheblich praktischer finde ich die Palettenfolie, die es im Office-Fachhandel – dort hauptsächlich für gewerbliche Kunden – oder bei Umzugsunternehmen gibt. Sie kommt üblicherweise in 50 cm breiten 300 m-Rollen und ist sehr fest. Schon wenige Windungen reichen für eine recht ausbruchssichere und ästhetisch ansprechende Verpackung. Gängig ist Folie in transparent oder opak schwarz, bei einigen Anbietern sind zudem andere Farben erhältlich. Für die „Feinarbeit“, etwa am Kopf, gibt es diese Folie auch mit 10-15 cm Breite.

Natürlich lässt sich so eine Folienverpackung mit Klebeband verstärken. Vom transparenten Packband über verschiedenfarbiges Textilband bis zu schwarz-gelb bedrucktem Sicherheitsband oder PVC-Isolierband lässt sich alles einsetzen, wahlweise monochrom oder für bunte Muster und Motive.

Einpacken und Auspacken

Ist man nur zu zweit, kann das Einwickeln schon deshalb stressig werden, weil der/die Begünstigte, obwohl zunehmend bewegungsunfähig, die Balance halten muss. In so einem Fall ist es am besten, in der Nähe des Bettes o.ä. anzufangen und von oben nach unten wickeln. Dabei empfiehlt es sich, kurz vor Schluss das Opfer sanft auf das Bett gleiten lassen und die letzten Wicklungen im Liegen ausführen.

Wenn es schnell gehen soll, kann man einfach loswickeln. Soll das Opfer aber längere Zeit eingepackt bleiben, kann es nötig sein, zwischen Knie und Knöchel ein Handtuch o.ä. als Polster gegen Druckschmerz zu legen.

Die Arme lassen sich auf verschiedene Art fixieren: wie bei den Ägyptern aufwärts verschränkt, so dass die Hände in Nähe der gegenüberliegenden Schulter ruhen, einfach vor dem Körper bzw. – etwas stressiger – zwangsjackenartig verschränkt, oder einfach an den Körperseiten. Je nachdem hat der/die Begünstigte Opfer dann mehr oder weniger Bewegungsspielraum. Mit den Armen straff an den Seiten ist es etwa nicht möglich, sich aufzusetzen.

Aus Sicht des Riggers ist es sehr sinnig, die Arme und den Oberkörper erst separat einzuwickeln, bevor es ans eigentliche Mumienwickeln geht: Da die Folie auf sich selbst haftet, kann ein so verpacktes Opfer nicht mehr die Arme innerhalb seines Kokons verschieben und sich womöglich selbst befreien.

Gerade mit Palettenfolie darf beim Wickeln nicht mit zu viel Zug gearbeitet werden. Die Folie kriecht mehr oder weniger stark zusammen und kann so u. U. zu fest werden. Der Effekt lässt sich bei Wicklungen um den Brustkorb wie ein Korsett zur Atemreduktion nutzen, aber dabei ist Vorsicht angesagt. Außerdem sollten sich die Wicklungen ausreichend überlappen, damit sich der Rand der Folienbahn nicht einrollt – das schneidet ein und entfernt an der jeweiligen Stelle eventuelles Körperhaar recht effektiv, aber schmerzhaft.

Will man später auf gewisse Körperpartien der Mumie zugreifen, lassen sich diese entweder bereits beim Wickeln aussparen oder nachträglich freischneiden. Beides erfordert ein wenig Übung. Beim nachträglichen Schneiden sollte man unter die geplanten Ausschnitte bereits etwas Material einarbeiten (z. B. „Papphütchen“ über den Brustwarzen, Schaumstoff oder zusammengelegte Papiertaschentücher), damit man mit weniger Risiko losschnippeln kann. Auch dann aber bitte mit äußerster Vorsicht und geeignetem Werkzeug arbeiten!

Wer will, kann die Mumie mit Spanngurten oder mehr Folie auf ihrer Unterlage oder an einem Pfosten befestigen. Für Fortgeschrittene: Opfer auf Schemel stellen, am Pfosten befestigen und dann Schemel entfernen, dass das Opfer frei hängt.

Statt einer Komplettmumie kann man nur den Oberkörper einwickeln, oder die Beine separat jeweils Unterschenkel an Oberschenkel wickeln, um sich gewisse Zugangsmöglichkeiten zu erhalten, oder den/die Begünstigte(n) an einem Stuhl festwickeln etc.

Das Auspacken der Mumie sollte im Normalfall nicht zu lange dauern, weil der/die Begünstigte im Normalfall ermattet, durchgeschwitzt und kälteempfindlich ist. Dann bitte nicht mit normalen Messern, Cuttern oder Scheren loslegen, da ist die Verletzungsgefahr zu groß. Die einschlägige Literatur empfiehlt immer noch eine Verbandsschere als ideales Befreiungsinstrument. Meiner Erfahrung nach beisst man damit vor allem an dickeren, mit Klebeband verstärkten Verpackungen ziemlich mühsam herum. Sie eignet sich eigentlich nur für Feinarbeit beim Freischneiden von Körperpartien, wenn man die Muße dazu hat.

Erheblich sinniger ist ein Messer mit geschützter Klinge, mit dem sich so eine Mumie in einem Zug aufschneiden lässt. Wer sich den Luxus leisten will, kann sich einen Folienschneider für Paletten, ein spezielles Rettungsmesser aus dem Fachhandel oder einen als Autozubehör erhältlichen Gurtschneider zulegen. Günstiger sind die häufig als Werbegeschenk erhältlichen Brieföffner im Scheckkartenformat mit einem Führungsdorn und eingearbeiteter Metallklinge.

Psychologische Aspekte

Gerade eine Komplettmumie erzeugt einerseits ein Gefühl absoluter Abgeschlossenheit von der Welt und zugleich ein Gefühl der Geborgenheit. Richtig gemacht ist sie zudem sehr ausbruchssicher. Selbst ein Krawallsubbie gibt Befreiungsversuche im der Regel nach kurzer Zeit auf. Die durch die Verpackung induzierte „Flugphase“ lässt sich durch sensorische Deprivation sehr gut unterstützen. Augenbinde und Ohrenstöpsel gehören deshalb m. E. zu einer richtigen Mumie dazu. Zusätzlich lassen sich über den Ohrenstöpseln Kopfhörer befestigen und über diese Meditationsmusik, Meeresrauschen oder eine andere Geräuschkulisse einspielen.

Des weiteren wird das Opfer sehr empfänglich für taktile Reize. Eine nicht zu dicke Folienschicht leitet Berührungen und Berührungswärme ebenso gut weiter wie etwa die Kälte von Eiswürfeln oder die Spitzen eines Musterrades. Sind in der Folie an strategischen Stellen Ausschnitte angebracht, erweitert dies die Spielmöglichkeiten erheblich. Aber selbst eine komplett verpackte Mumie mit Ringknebel kann sehr amüsant sein.

Die starken Emotionen, die das totale Ausgeliefertsein beschert, können allerdings ins Negative ausschlagen. Berührungen können auf einmal als bedrohlich empfunden werden, das Freischneiden von Körperpartien um so mehr. Auch ein klaustrophobischer Anfall ist alles andere als witzig. Also aufpassen und lieber abbrechen, bevor es zum Absturz kommt!

Temperatur, Kreislauf und Dehydration

Unter der Folie staut sich die Körperwärme; zunächst wird dem Opfer deshalb wohlig warm. Allerdings kann es schnell zu heiß werden. Außerdem beginnt je nach Raumtemperatur das Opfer mehr oder weniger schnell zu schwitzen. Da der Schweiß in der Folienpackung bleibt, bewirkt dies einen gewissen Kühlungseffekt. Je nach Dauer der Session sollte deshalb die Raumtemperatur angepasst werden.

Durch das Schwitzen verliert der/die Begünstigte viel Flüssigkeit. Deshalb auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr durch geeignete Getränke sorgen, bei langen Sessions durchaus mittendrin – ein Trinkhalm lässt sich ins Spiel einbauen, auf jeden Fall hinterher. Wie beim Sport auch sind Mineralwasser und Apfelschorle sehr gut geeignet. Außerdem sollten eine warme Decke oder ein Saunahandtuch o.ä. bereit liegen, damit nicht nach dem Auswickeln das große Bibbern beginnt.

Sicherheit

Sicherheit ist bei einer Mumie durch die aufwendige Bondage und die extrem beschränkten Kommunikationsmöglichkeiten noch wichtiger als bei anderen Fesselspielen. Also: Ampelregelung verabreden und auch tatsächlich einsetzen! Lieber zu früh abbrechen als abzustürzen oder am eigenen Mut draufzugehen.

Die Wickelphase mit aufrechtstehendem Opfer ist prinzipiell unfallträchtig. Vorsichtig sein, immer nah dran bleiben und auffangen können, Polster in der Nähe haben und ggf. den/die Begünstigte per Geschirr und Haken sichern.

Wenn es darum geht, Hals und Kopf einzupacken: Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht – man muss gar nicht so fest ziehen, dass dem Opfer die Luft ausgeht. Bei Nerven und Adern im Halsbereich reicht schon weniger Druck für negative Effekte. Hier lieber auf der lockeren Seite bleiben und unter Umständen eine Halskrause benutzen.

Beide Beteiligten sollten wissen, was sie tun. Bleibt bei der Mumie nur die Nase frei, sollte Top ständig kontrollieren, ob sein Opfer gerade im Subspace schwebt oder doch bewusstlos ist, und wie ernst gemeint die aktuellen Befreiungsversuche sind. Im Zweifelsfall muss auch Top die Session eher abbrechen.

Überhitzung lässt sich mit nassem Waschlappen oder Schwamm ein bisschen bremsen, oder durch Regelung der Zimmertemperatur.

Bei einem Abbruch ist Geschwindigkeit oberstes Gebot: erst öffnen, später Fragen stellen. Hier hat das erwähnte Schneidwerkzeug seinen größten Vorteil, weil man ohne Risiko den stumpfen Führungsdorn an geeigneter Stelle in die Folie stechen und das Opfer binnen Sekunden von Kopf bis Fuß befreien kann. Selbst Tops, die auf ihre Fähigkeiten mit einem Messer schwören, können mit einem herkömmlichen Messer in der Hektik einer solchen Situation auch das Opfer anritzen – lieber auf Nummer sicher gehen, statt Sub das Spiel langfristig zu vergällen.

Sonntag, 23. März 2008

Absturzsicherung – auch für Tops

Bei aller Einvernehmlichkeit im Spiel ist eine Bondage- oder SM-Session immer auch eine Gratwanderung. Das Risiko eines Absturzes besteht grundsätzlich, der Auslöser kann völlig banal sein. Eine unangenehme Erinnerung, eine Berührung im falschen Moment kann die Stimmung kippen lassen. Vor Absturz und unsanfter Landung sollen Safeword und Ampelregel schützen. Als positiver Nebeneffekt kann sich das „Opfer“ bei raueren Spielen nach Herzenslust wehren, ohne dass Top ständig nachfragen muss, ob das lautstarke „Nein“ samt Fluchtversuch jetzt ernst gemeint ist.

Das Safeword stellt vor allem zwischen zwei noch nicht so vertrauten Partnern das Gegenstück zu Schleudersitz oder Fallschirm-Reißleine dar – Stopp, Abbruch, Ende der Session. Die Ampelregel ermöglicht dagegen eine abgestufte Reaktion: Grün steht für „Alles o. k., weitermachen“, Gelb für „Achtung, nicht mehr heftiger“ und Rot für „Stopp, aufhören, es wird zuviel“.

Entscheidend dabei ist, dass Ampel und Safeword keine Privilegien von Sub/Bottom sind. Eine ganze Reihe von Tops scheint nicht zu realisieren, dass sie ebenfalls ein Spiel so unter- oder abbrechen können. Klar wurde mir dies in einer langen Unterhaltung mit einem Gleichgesinnten, der als Dom einige Male böse an die Wand gelaufen ist. Mit noch wenig realen Erfahrungen hatte er sich an den Vorbildern, Sprüchen und Klischees der BDSM-Szene orientiert. Bei Spielen auf Partys – mit Gästen ebenso wie bei anderer Gelegenheit mit Bekannten – geriet er dabei mangels Vertrautheit und Routine in die Falle. Irgendwann war jeweils der Punkt erreicht, an dem ihm die Situation über den Kopf wuchs. Doch ihm spukten die Vorstellungen darüber im Kopf herum, was ein „echter Dom“ tut und nicht tut. Also machte er weiter bis zum bitteren Ende: CFIT als Schlusspunkt der Session.

In seinem Bemühen, die Rolle des großen bösen Doms auszufüllen, hatte mein Bekannter nicht mehr auf seine Bedürfnisse geachtet. Die daraus resultierenden Abstürze hingen ihm lange nach. Es war eine Offenbarung für ihn, als ihm klar wurde, dass er eine Session einfach stoppen kann, ohne sich einen Zacken aus der Krone zu brechen. Dabei ist es doch ganz einfach: In einer Session hat jeder der Beteiligten das Recht zum Abbruch. Ohne Diskussionen. Kein „Jetzt hab Dich nicht so.“, kein „Vergiss es!“. Diskutiert wird hinterher.

Natürlich gibt es Wege, einen Abbruch nicht als harten Bruch erscheinen zu lassen. Gerade ein Top, der das Spiel beenden will, weil die eigenen Grenzen erreicht sind, muss sein Gegenüber nicht einfach auf dem Boden der Realität aufschlagen lassen, sondern kann es langsam „heruntersprechen“. Das setzt allerdings voraus, dass sich Top über sein Befinden bewusst ist und rechtzeitig die Bremse zieht. Als „Nur-Bondager“ ist man einem traditionellen BDSMer gegenüber dabei nicht unbedingt im Vorteil. Auch wenn man eventuell weniger Ballast in Form von Rollenklischees mitschleppt, gibt es doch auch hier eine bestimmte Erwartungshaltung, die einem in die Quere kommen kann.

Sonntag, 27. Januar 2008

Hören und Fürchten bei Nacht

Monk macht mit einer Begünstigten einen Ausflug aufs Abstellgleis. Spannend.

Montag, 14. Januar 2008

Der Unterschied zwischen Spiel und Ernst

Außenstehenden ist manchmal schwer zu vermitteln, warum Bondage und BDSM mit realer Gewalt im Normalfall herzlich wenig zu tun hat. Der optische Eindruck ist häufig ein anderer, und Fesselpositionen wie ein straffer Hogtie können auch im Spiel sehr anstrengend sein. Dennoch besteht ein substanzieller Unterschied zwischen einer Session im gegenseitigen Einvernehmen und echter Folter und Gewalt. Ein aktueller Artikel aus dem Bereich der Forensik hilft teilweise unfreiwillig, das Problem etwas zu erhellen.

In Europa mehren sich die Fälle, in denen etwa Abschiebehäftlinge wegen tatsächlicher oder befürchteter Renitenz so massiv überwältigt und gesichert werden, dass sie diese Maßnahmen nicht überleben. In den USA, wo die Polizei immer noch etwas härter mit Verdächtigen und Tätern umspringt, sind solche Vorfälle bereits seit Jahrzehnten erheblich häufiger. Entsprechend zahlreich sind wissenschaftliche Studien zu diesem Thema. So findet sich in der Januar-Ausgabe des Journal of Forensic Sciences (Vol. 52, #1, p. 171-175, Jan 2007) der Artikel Ventilatory and Metabolic Demands During Aggressive Physical Restraint in Healthy Adults (Volltext, PDF), der zwei Studien an der Universität von San Diego zusammenfasst.

Hier wurden 30 Freiwillige, je 15 Männer und Frauen, dem psychischen und physischen Stress einer Verhaftung mit maximaler Ruhigstellung ausgesetzt. Die Versuchskaninchen mussten dabei einen mit polizeitypischen und weniger typischen Fesselmaterialien ausgeführten Hogtie – bäuchlings, Hände auf den Rücken, Füße möglichst dicht an die Hände gezogen – erdulden. Dabei schränkten teilweise zum einen abgedichtete Atemschutzmasken die Atmung der Teilnehmer ein. Zum anderen wurden ihnen teilweise Säcke mit Bleischrot auf den Rücken gelegt, die das Gewicht eines auf ihnen knienden Polizisten simulierten. Dann sollten die Teilnehmer jeweils versuchen, sich mit aller Macht zu befreien, während sie lautstark angebrüllt wurden. Trotz dieser Handicaps und Stressfaktoren bestand für die Freiwilligen keine Erstickungsgefahr, so die Studie, obwohl ihre Atmung aufgrund der Versuchsanordnung beeinträchtigt war.

Also alles im grünen Bereich? Wie immer sind auch hier die Details wichtig. So dauerte die heiße Phase des Versuchs gerade einmal 60 Sekunden. Dennoch wurden alle Teilnehmer davon so erschöpft, dass ihre Gegenwehr bereits vor Ablauf der Minute dramatisch nachließ. Dabei waren alle Kandidaten sorgfältig ausgewählt worden, jung, mindestens durchschnittlich fit, nicht übergewichtig, ohne Herzkrankheiten und Drogenvergangenheit. Diese Punkte schließen genau die Faktoren aus, denen eine wichtige Rolle bei Todesfällen in vergleichbaren Situationen zugeschrieben wird. Zudem wurden die Teilnehmer nicht wie bei einer realen Verhaftung überwältigt, sondern geruhsam fixiert, während sie erhöht auf einer weichen Matte lagen, die auch bei den Befreiungsversuchen mehr Nachgiebigkeit für Brust- und Bauchraum bot als ein Betonboden und so das Luftholen erleichterte. Und schließlich wussten die Kandidaten, was auf sie zukam, beteiligten sich freiwillig und konnten anders als in der Realität im Notfall abbrechen. Zwei von ihnen nutzten übrigens diese Möglichkeit.

So ließ die Versuchsanordnung, die den Ernstfall simulieren sollte, eine Reihe wichtiger Elemente dieses Ernstfalles vermissen. Diese unbeabsichtigte Nähe zu einer abgesprochenen Spielsituation dürfte durchaus dazu beigetragen haben, dass eine solche Zwangsmaßnahme harmloser erscheint, als sie es beim realen Einsatz gegen ein unkooperatives Gegenüber tatsächlich ist. Furcht und Aufregung erhöhen den Stressfaktor ebenso wie eine vorausgehende Verfolgungsjagd oder ein Kampf. Genauso wenig berücksichtigt die Studie die Tatsache, dass Polizisten in der Hitze des Gefechts ihren Gegner zu mehreren niederhalten, ohne sich um die Stärke und die Platzierung des ausgeübten Drucks zu kümmern. Für Verhaftungsphantasien gilt dasselbe wie für Vergewaltigungsphantasien: Was in Kopfkino und Spiel kickt, ist in seiner realen, non-konsensuellen Variante für den/die Betroffene(n) weder spaßig, noch antörnend, noch ungefährlich.

Montag, 31. Dezember 2007

Schöne Überraschung

Nach kurzer Sendepause zurück zum Programm, speziell zum Thema mit Variationen. Wiederum ganz anders als in den bisher geschilderten Situationen ist es bei einer dritten Gelegenheit gelaufen.

Ein Nachmittag mitten im Sommer. Wir haben für den Abend Gäste zum Essen eingeladen und beginnen zu kochen. Mittendrin stellen wir fest, dass eine entscheidende Zutat fehlt. Also fahre ich los, das Fehlende zu besorgen. Keine große Sache, allein: Es ist Samstag kurz vor Geschäftsschluss, und anscheinend müssen alle Leute in der Stadt jetzt noch dringend einkaufen. Natürlich ist die wichtige Zutat in den ersten beiden angesteuerten Läden ausverkauft, und im dritten die Schlange vor den Kassen endlos. Die Zeit wird noch nicht wirklich knapp, aber langsam wird die pünktliche Vollendung des Menüs zur sportlichen Herausforderung.

Endlich raus aus dem Laden, rein ins Auto und ab nach Hause. Was als 15-Minuten-Trip geplant war, hat sich zur Expedition mit mehr als einer Dreiviertelstunde Dauer entwickelt. Kaum aus dem Auto, noch eine Hürde – ein Nachbar will ein Schwätzchen halten. Das muss die gute Nachbarschaft wert sein, gibt genug schlechte Nachbarn in der Straße. Kostet aber nochmal runde zehn Minuten. Schließlich schaffe ich es, mich loszueisen und eile ins Haus.

In der Küche herrscht gähnende Leere, und wirklich weiter gediehen sind die Vorbereitungen für das Essen dem Augenschein nach nicht.

Der Grund erschließt sich ein Zimmer weiter. Meine Freundin hat mir eine kleine Überraschung bereitet und liegt im kurzen Kleidchen auf dem Bett, zuverlässig gegen zu frühes Aufstehen gesichert. Sehr zuverlässig sogar. Hand- und Fußgelenke an die Bettpfosten gekettet, dazu Knebel und Augenbinde; bewährt und für sich schon völlig ausreichend. Zusätzlich hat sie aber ihre Hüften mit einem Spanngurt quer über das Bett fixiert. Ein weiterer Spanngurt erklärt ihre ungewöhnliche, halb aufgerichtete Haltung: Er läuft, vom Fußende des Bettes her kommend, unter ihrem Körper zum Kopfende und dort über den oberen Querholm des Bettgestells. Sie liegt straff ausgestreckt mit dem Oberkörper in Schräglage, den Rücken nur von dem schmalen Spanngurt unter ihr gestützt.

Sie merkt, dass ich ins Zimmer gekommen bin und gibt einen fragenden Laut von sich. Natürlich nutze ich die Gelegenheit nach einem Moment stiller Bewunderung aus – ich weiß, wenn ich mich in so einer Situation nicht gentlemanlike benehmen soll.

Das Essen wird jetzt etwas später fertig. Macht nichts. Draußen scheint die Sonne, ein leichter Luftzug streicht von der Terrasse durch die Lamellen der Jalousietüren, und wir genießen den Nachmittag.

Viel schneller als es mir lieb ist, muss ich meine Liebste losbinden. Nicht nur, weil die Gäste bald kommen. Auch und vor allem, weil die von ihr selbst gewählte Position sehr anstrengend ist und sie sie schon erheblich länger aushält, als sie geplant hat. Bis zum Abend ist der Schmerz aus ihren Armen und Beinen gewichen. Als längerfristiges Andenken bleibt ihr dafür tagelang der zwei Zentimeter breite, feuerrote Streifen über die gesamte Länge ihres Rückens erhalten, in dem sich das Muster des Spanngurts eingeprägt hat.

Disclaimer: Ja, ich weiß, dass Bondage ohne Aufsicht und solche nicht abgesprochenen Spiele sehr riskant sind. Wir waren jung (zumindest jünger) und verliebt. Und die Spuren waren eine deutliche Erinnerung daran, was hätte schief gehen können, wäre ich noch länger aufgehalten worden.

Mittwoch, 26. Dezember 2007

Spannende Nacht

Einem gewissen Formenkanon zum Trotz ist Bondage nichts, was stur nach Rezept angewendet werden sollte. Erst die Variation des Vertrauten gibt dem Spiel Würze. Und wie so vieles andere ist Bondage abhängig von Stimmung und Tagesform. Ein und dieselbe Position kann weich und romantisch oder gnadenlos anstrengend sein, je nachdem, wie fest die Fesseln sind, wie der Grundton des Spieles ist, und wie lange es dauert. In diesem und weiteren Artikeln will ich das am Beispiel des Spreadeagle anhand eigener Erfahrungen zeigen.

Der Spreadeagle gehört zu den klassischen Bondagepositionen; selbst „normale“ Paare kommen häufig auf ihn zurück, wenn sie zur Auflockerung ihres Liebeslebens anfangen, mit Seilen zu spielen. Hand- und Fußgelenke an die Bettpfosten gebunden sind eine sehr effektive Methode, den Partner so wehrlos wie empfänglich für Aufmerksamkeiten aller Art zu machen. Für den/die Begünstigte kann der Spreadeagle auf Dauer jedoch sehr anstrengend werden.

Eine Gelegenheit zeigte mir, dass „anstrengend“ sehr relativ ist. Ich hatte meine Partnerin eines Abends recht heftig verzurrt: Hände und Füße so kurz an die Bettpfosten, dass sie straff aufgespannt auf der Matratze lag und praktisch keinerlei Bewegungsfreiheit hatte, dazu ein dicker Tuchknebel. Das hinderte sie nicht daran, im Nachglühen des Spiels einfach einzuschlummern. Ich war hin- und hergerissen: Einerseits fand ich es großartig, dass sie sich so sehr in ihre Fesseln fallen lassen konnte und zugleich so viel Vertrauen in mich zeigte – schließlich kannten wir uns damals noch nicht lange. Andererseits wusste ich um die Gefahren angefangen bei Muskelkrämpfen bis zur Erstickungsgefahr. Losbinden wollte ich sie aber auch nicht so einfach, dazu sah es einfach zu gut aus. Zugleich war es ein Realitätscheck für eine meiner Fantasien; da wollte ich wissen, wie lange sie es so aushielt.

Es wurde eine lange und spannende Nacht, obwohl dabei nicht viel passierte. Sie schlief einfach, trotz ihrer Lage völlig entspannt, während ich die ganze Zeit daneben saß, bereit, beim ersten Anzeichen eines Problems einzugreifen. Erst nach einigen Stunden wachte sie halb auf und signalisierte, dass es genug wäre. Ich band sie los, und wir schliefen den Rest der Nacht aneinander gekuschelt. Am nächsten Tag konnte sie sich noch daran erinnern, dass sie eingeschlafen war, aber nicht mehr, dass sie irgendwann aufgewacht war. Keine negativen Folgen außer einem leichten Muskelkater, eine durchweg positive Erfahrung für sie, und für mich ein Aha-Effekt.

Sonntag, 18. November 2007

Blümchenschlüsselhandschellen von Smith & Wesson

Oder genauer: In verwirrender Nähe zu S & W. Umarex, Hersteller bzw. Vermarkter von Luftdruck-, Gas- und Freizeitwaffen hat mit diversen namhaften Herstellern scharfer Waffen Lizenzabkommen und darf seine Spielzeuge mit deren Logos verzieren und unter deren Markennamen verkaufen.

Als Neuheit für 2008 ist u.a. das Emergency Survival Kit (noch keine Info auf der Herstellerseite) angekündigt, das wohl seinen Namen von einem für Buschpiloten, Alaska-Trekker etc. konzipierten S & W-Revolver ableitet.

Zusätzlich zu einem Gasrevolver enthält das gelbe Plastikköfferchen mit großem S & W-Logo auf dem Deckel diverse Utensilien, die die Umarex-Marketingabteilung offenbar in Notsituationen unverzichtbar hält – wobei die Zusammenstellung interessante Einblicke gibt:

  • Handschellen
  • Nothammer mit Gurtschneider
  • Multi-Tool
  • Pfefferspray
  • Walther-Taschenlampe CT150
  • Schlagstock
  • Erste-Hilfe-Päckchen

Und die Handschellen sind, wie auf dem großen Bild erkennbar, (natürlich) keine guten echten S & W-Handschellen, sondern die Blümchenschlüssel-Variante.

Wer sich diese Erwachsenenversion des Agenten- oder Polizeisets aus dem Spielzeugladen kauft, dürfte ohnehin relativ ahnungslos sein, aber die Blechdinger mit einem für Qualität stehendem Markennamen drumherum dürften u. U. für Verwirrung sorgen.

Naja, immerhin ist ja bei Unfällen mit den Handschellen ein Erste-Hilfe-Päckchen im Notfallkoffer, und selbst wenn das Multi-Tool der angesichts des Gesamtpreises zu erwartende Murks ist, kann es gar nicht so schlecht sein, dass man eventuell verklemmte Blechschellchen nicht damit aufkriegt.

Mal sehen, wann die Ergänzung für andere Notfälle kommt.

Update 09.12.2011: Links aktualisiert.

Sonntag, 14. Oktober 2007

Was ist normal?

Ebenfalls im Zusammenhang mit dem Artikel zur Motivation hinter BDSM und Bondage bin ich auch wieder über Regina Lynns Wired-Kolumne Is 'Internet Normal' the New 'Sex Normal'? gestolpert. Sie schreibt darüber, was heute die Spannweite „normalen“ sexuellen Verhaltens ist, wie es Leute online in Kleinanzeigen, Foren etc. demonstrieren – und wie sehr sie immer betonen, dass sie „normal“ sind, egal wie abseitig ihre Vorlieben auch sein mögen.

Auf der einen Seite sieht sie die Aussagekraft dieser Behauptung als gegen Null gehend an – selbst der wahnsinnige Axtmörder könne schließlich schreiben „Ich bin normal“. Außerdem läuft das Betonen der Normalität gerade dem Bestreben zuwider, sich potenziellen Partnern als einzigartig und außergewöhnlich zu präsentieren. Lynn sieht darin einen Schutzmechanismus: Da im öffentlichen Bewusstsein das Netz nur so wimmelt von Ekelbatzen, Irren und Perversen, setzt man sich mit dieser Floskel von „denen da“ ab. Zugleich hat die Formulierung für sie zu sehr den Charakter einer Entschuldigung.

Doch Regina Lynn sieht einen positiven Aspekt an dieser Erscheinung: Je mehr sich die Menschen mit den sexuellen Interessen anderer befassen, desto breiter und nach Ansicht Lynns auch gesünder wird ihre Definition von „normal“.

Mittwoch, 3. Oktober 2007

Heiligs Blechle

Was Handschellen angeht, habe ich die Blechteile mit Blümchenschlüssel schon lange für die unüberbietbar unterste Qualitätsstufe gehalten. Wie sich jedoch zeigt, gibt es nichts, was sich im Zuge von Kostensenkung und Profitmaximierung nicht noch verschlechtern lässt.

In einem Forum habe ich Blechschellen gesehen, gegen die die mir bekannten Exemplare wie aus dem Vollen gefräste Wertarbeit anmuten. Die immerhin zehn Euro teuren „Handschellen“ waren krumm und schief aus dünnstem Alublech gebogen und nicht einmal mehr vernietet, sondern einfach zusammengesteckt. Tatsächlich zerlegten sie sich in der Hand des kundigen Betrachters. Ein kurzer Test zeigte anschließend, dass sich selbst die Einzelteile mit bloßen Händen auseinanderbrechen ließen.

Angesichts der Fotobeweise hat Enris die bisherige Abstufung von „Schrott“ und „absolut lachhaftem Schrott“ um die Kategorie „Wurstschneider“ erweitert.

Samstag, 11. August 2007

Bondage über Nacht

So mancher träumt davon, eine ganze Nacht in Fesseln zu verbringen, wohlverschnürt einzuschlafen und ebenso wieder aufzuwachen. Gerade Bondage-Liebhaber mit wenig praktischer Erfahrung unterschätzen dabei die Differenz zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Die gute Nachricht: Bondage über Nacht ist sehr wohl möglich. Die schlechte Nachricht: Es ist nicht ganz so einfach, wie es zunächst scheint.

Wer seine Fantasien mit angeblichen Erfahrungsberichten aus den Netz befeuert, sollte wenigstens hin und wieder innehalten und überlegen. Die Story von zehn Stunden im ultrakompakten Hogtie mit an die Fußgelenke gezurrtem Knebelharness mögen ja für den einen oder anderen eine anregende Vorstellung sein. Aber selbst sehr gelenkige und trainierte Begünstigte dürften ihre Probleme damit haben, das real umzusetzen. Jede ausreichend enge Bondage-Position wird nach einiger Zeit erst unangenehm und dann sehr schnell sehr unangenehm. Die Gefahren reichen von Schmerzen in den Gelenken und Muskelkrämpfen über abgeschnürte Extremitäten und eingeklemmte Nerven bis hin zur lagebedingten Asphyxie.

Eine Langzeitfesselung, in der der/die Begünstigte schläft, sollte deshalb immer noch ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit gewähren und ihm bzw. ihr innerhalb gewisser Grenzen einen Positionswechsel erlauben. Wieviel Spielraum genug ist, hängt einerseits von der gewählten Position und andererseits von Erfahrung und Tagesform des/der Gefesselten ab. Ich habe schon erlebt, dass eine Partnerin straff im Spreadeagle an die Bettpfosten gebunden und mit dickem Tuchknebel selig mehrere Stunden geschlafen hat (Disclaimer: Ich saß die ganze Zeit wach daneben und habe aufgepasst.). Im Normalfall ist allerdings selbst ein lockererer Spreadeagle nicht die ganze Nacht durchzuhalten, weil das Opfer sich nicht umdrehen und Arm- und Beinhaltung nur wenig ändern kann.

Die Hände vorne oder an den Seiten gefesselt lässt sich länger ertragen, als wenn sie auf den Rücken gebunden sind. Bondage mit etwas mehr Abstand zwischen den Gelenken macht es leichter. Und weicheres Fesselmaterial bzw. solches, dass nicht kantet oder unangenehme Druckstellen verursacht, sorgt ebenfalls für eine ungestörtere Nachtruhe.

Dies bedeutet nicht, dass für angenehme Träume nur eine Art von Bondage in Frage kommt, aus der sich der/die Begünstigte mühelos selbst befreien kann. Für die ersten Schritte in diese Richtung ist letzteres aber unter Umständen gar keine schlechte Idee und erspart es womöglich, den Rigger mitten in der Nacht zu wecken, weil es zwickt und beißt. Ledermanschetten sind im Zweifelsfall bequemer und lassen sich ja mit kleinen Vorhängeschlössern gegen freche Subbies sichern. Bewährt haben sich für mich Hand- und Fußschellen – bitte Markenware, keinen Blechschrott – mit entsprechender Verbindungskette: Da kann der/die Träger/in sich nicht nur nachts umdrehen, sondern am nächsten Morgen auch den Kaffee ans Bett bringen, ohne losgeschlossen werden zu müssen. Ebenfalls nett ist es, die Hände mit Handschellen zu verbinden und dann mit einer Kette am Kopfende des Bettes zu befestigen sowie analog die Füße mit passenden Schellen ans Fußende zu hängen – natürlich nicht zu kurz. Fester und kuscheliger zugleich ist ein Bettlaken, in das der/die Begünstige gewickelt wird. Gegen selbsttätiges Auswickeln helfen dabei Klebeband, Seil oder Gürtel.

Während eine Augenbinde oder Ohrenstöpsel für die Nacht in Bondage sehr empfehlenswert sind, will der Einsatz eines Knebels dagegen wohl überlegt sein. Bekommt die Trägerin Atemprobleme oder Würgereiz, ohne sich selbst befreien zu können, kann das Spiel fatal enden. Und selbst wenn der Partner daneben schläft, ist zweifelhaft, ob er in so einem Fall rechtzeitig aufwacht. Wie immer bei Bondage sollten Spieler sich hier nicht allein von Stimmung und Hormonen lenken und den gesunden Menschenverstand eingeschaltet lassen.

Mittwoch, 4. Juli 2007

Plüschhandschellen und Blümchenschlüssel

In jedem Sexshop gehören sie zum Standardsortiment, sie werden als Gag an Geburtstagen und Abschlusspartys verschenkt, und auch im Internet kommt man kaum an ihnen vorbei: Handschellen mit Plüsch- oder Kunstfellüberzug sind für viele die erste Begegnung mit Bondage – und zuweilen auch die letzte. Reden erfahrene BDSMer von Lustschmerz, meinen sie normalerweise etwas anderes als die Folgen, die einem beim unbedachten Einsatz dieser Teile drohen.

So neckisch die „Love Cuffs“ im Laden aussehen mögen, so riskant sind sie im Schlafzimmer. Letzteres haben sie mit jenen Handschellen gemeinsam, die bei ebay & Co. allenthalben mit Attributen wie „Behördenqualität“ und „Polizeihandschellen“ oder unter Fantasienamen wie „Texas“ angeboten werden. Keine Polizei der Welt würde diesen Blechschrott verwenden, der selbst geschenkt noch zu teuer ist. Angesichts der Verarbeitungsqualität ist selbst der hin und wieder zu findende Schnäppchenpreis von 2,99 dreist. Aber solche Handfesseln werden durchaus öfter für flockige 15 Euro und mehr angeboten. Es existiert sogar eine mit Strasssteinen besetzte Variante, die noch teurer, qualitativ aber genauso schlecht ist.

Die Fesseln mit dem charakteristischen Blümchenschlüssel bieten zahlreiche Gelegenheiten, die ersten Ausflüge ins Bondage-Wunderland zu einem aus den falschen Gründen unvergesslichen Erlebnis zu machen. Die Armreifen sind schmal und kantig. Zuweilen sind nicht einmal die Kanten gebrochen, sondern die Blechteile so wie sie aus der Stanze kommen grob verchromt. Ein bisschen Herumzerren wird da schnell mit blutigen Handgelenken belohnt. Außerdem haben die Blechschellen im Normalfall keinen vernünftigen Double Lock. Stattdessen soll ein dünnes Hebelchen ein unbeabsichtigtes Engerstellen verhindern. Leider verrutscht der Hebel gerne im unpassendsten Moment. Wer sich dann etwa auf die hinten angelegten Handschellen legt, riskiert Quetschungen und unter Umständen sogar Nervenschäden.

Die Zuhaltungen selbst halten manchmal nicht und gehen auf oder zu, wenn sie nicht sollen. Schlackriges Schloss und Schlüssel aus Druckguss sind eine Kombination, die geradezu nach Murphy schreit: Besonders wenn es schnell gehen soll oder muss, bricht der Schlüssel ab und blockiert den Armreif. Dann tritt zum Risiko von Quetschungen etc. noch eine weitere Verletzungsgefahr hinzu, falls zum Öffnen Werkzeug nötig ist. Und muss der Fachmann ran, kommt auch ein gewisser Peinlichkeitsfaktor ins Spiel, egal ob Feuerwehr, Polizei oder Schlüsseldienst zur Rettung antreten. Eine weitere Gefahrenquelle sind die üblicherweise nicht verschweißten Kettenglieder, die sich unter Zug aufbiegen können. Pech, wenn man sich gerade dranhängt und dann schwungvoll in die Landschaft karriolt – oder dem/der Liebsten mit der unerwartet befreiten Hand samt improvisiertem Schlagring unabsichtlich eine vor den Latz ballert.

Alle, die sich eisenhaltige Abführmittel als Spielgerät zulegen wollen, sollten die Finger von diesen Teilen lassen und lieber 25-35 Euro in Qualität investieren. Zu diesem Preis gibt es bereits solide Marken-Handschellen, die langfristig mehr Spaß machen. Und statt mit deftigem Perversenzuschlag im Sexshop kauft man lieber im Waffengeschäft oder beim Spezialisten.