Samstag, 11. August 2007

Bondage über Nacht

So mancher träumt davon, eine ganze Nacht in Fesseln zu verbringen, wohlverschnürt einzuschlafen und ebenso wieder aufzuwachen. Gerade Bondage-Liebhaber mit wenig praktischer Erfahrung unterschätzen dabei die Differenz zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Die gute Nachricht: Bondage über Nacht ist sehr wohl möglich. Die schlechte Nachricht: Es ist nicht ganz so einfach, wie es zunächst scheint.

Wer seine Fantasien mit angeblichen Erfahrungsberichten aus den Netz befeuert, sollte wenigstens hin und wieder innehalten und überlegen. Die Story von zehn Stunden im ultrakompakten Hogtie mit an die Fußgelenke gezurrtem Knebelharness mögen ja für den einen oder anderen eine anregende Vorstellung sein. Aber selbst sehr gelenkige und trainierte Begünstigte dürften ihre Probleme damit haben, das real umzusetzen. Jede ausreichend enge Bondage-Position wird nach einiger Zeit erst unangenehm und dann sehr schnell sehr unangenehm. Die Gefahren reichen von Schmerzen in den Gelenken und Muskelkrämpfen über abgeschnürte Extremitäten und eingeklemmte Nerven bis hin zur lagebedingten Asphyxie.

Eine Langzeitfesselung, in der der/die Begünstigte schläft, sollte deshalb immer noch ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit gewähren und ihm bzw. ihr innerhalb gewisser Grenzen einen Positionswechsel erlauben. Wieviel Spielraum genug ist, hängt einerseits von der gewählten Position und andererseits von Erfahrung und Tagesform des/der Gefesselten ab. Ich habe schon erlebt, dass eine Partnerin straff im Spreadeagle an die Bettpfosten gebunden und mit dickem Tuchknebel selig mehrere Stunden geschlafen hat (Disclaimer: Ich saß die ganze Zeit wach daneben und habe aufgepasst.). Im Normalfall ist allerdings selbst ein lockererer Spreadeagle nicht die ganze Nacht durchzuhalten, weil das Opfer sich nicht umdrehen und Arm- und Beinhaltung nur wenig ändern kann.

Die Hände vorne oder an den Seiten gefesselt lässt sich länger ertragen, als wenn sie auf den Rücken gebunden sind. Bondage mit etwas mehr Abstand zwischen den Gelenken macht es leichter. Und weicheres Fesselmaterial bzw. solches, dass nicht kantet oder unangenehme Druckstellen verursacht, sorgt ebenfalls für eine ungestörtere Nachtruhe.

Dies bedeutet nicht, dass für angenehme Träume nur eine Art von Bondage in Frage kommt, aus der sich der/die Begünstigte mühelos selbst befreien kann. Für die ersten Schritte in diese Richtung ist letzteres aber unter Umständen gar keine schlechte Idee und erspart es womöglich, den Rigger mitten in der Nacht zu wecken, weil es zwickt und beißt. Ledermanschetten sind im Zweifelsfall bequemer und lassen sich ja mit kleinen Vorhängeschlössern gegen freche Subbies sichern. Bewährt haben sich für mich Hand- und Fußschellen – bitte Markenware, keinen Blechschrott – mit entsprechender Verbindungskette: Da kann der/die Träger/in sich nicht nur nachts umdrehen, sondern am nächsten Morgen auch den Kaffee ans Bett bringen, ohne losgeschlossen werden zu müssen. Ebenfalls nett ist es, die Hände mit Handschellen zu verbinden und dann mit einer Kette am Kopfende des Bettes zu befestigen sowie analog die Füße mit passenden Schellen ans Fußende zu hängen – natürlich nicht zu kurz. Fester und kuscheliger zugleich ist ein Bettlaken, in das der/die Begünstige gewickelt wird. Gegen selbsttätiges Auswickeln helfen dabei Klebeband, Seil oder Gürtel.

Während eine Augenbinde oder Ohrenstöpsel für die Nacht in Bondage sehr empfehlenswert sind, will der Einsatz eines Knebels dagegen wohl überlegt sein. Bekommt die Trägerin Atemprobleme oder Würgereiz, ohne sich selbst befreien zu können, kann das Spiel fatal enden. Und selbst wenn der Partner daneben schläft, ist zweifelhaft, ob er in so einem Fall rechtzeitig aufwacht. Wie immer bei Bondage sollten Spieler sich hier nicht allein von Stimmung und Hormonen lenken und den gesunden Menschenverstand eingeschaltet lassen.

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