Sonntag, 12. August 2007

BDSMer können nicht fesseln

Zugegeben, die Überschrift ist etwas apodiktisch. Aber nahezu jedes Mal, wenn ich „Bondage“-Bilder von Vertretern der etwas härteren Gangart sehe, ist diese Tendenz erkennbar, wenn ich Bondager und „Standard“-BDSMer nebeneinander erlebe, oder wenn ich einschlägige Storys und Berichte lese. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein. So kann es etwas damit zu tun haben, dass aufgrund des Schicks, den BDSM durch entsprechende Medienberichterstattung hat, dort der Poser-Anteil etwas höher ist. Das Tragen einer schwarzen Lederhose und eines finsteren Gesichtsausdrucks erfordert nun mal geringere Qualifikationen als eine saubere japanische Bondage und kommt so den Szene-Schnupperern und Adabeis entgegen, die BDSM als Modephänomen empfinden.

Maßgeblicher dürfte ein anderer Grund sein: Für die schwarze Fraktion ist Bondage wohl mehrheitlich Mittel zum Zweck – Subbie für die eigentliche Behandlung fixieren. Da muss die Fesselung nicht einmal ausbruchssicher sein, es reicht das Signal „Du bist jetzt gefesselt!“. Deshalb funktionieren ja auch in einer Session eine symbolische Bondage mit Bindfaden oder mentale Bondage-Spiele. Weil Bondage da nicht eines der Ziele ist, sondern nur eine Etappe auf dem Weg dorthin, wird ihr weniger Zeit und häufig wenig Sorgfalt gewidmet. Wozu sich mit Knotenknüpfen abkämpfen, wenn Schnallen so viel bequemer sind?

So haben denn die paar Leute, die sich auf einer reinen BDSM-Party tatsächlich an Seilen versucht haben, damit entsprechend grauslich rumgeknödelt. Ein mit daumendickem Seil hingeschlampter Beinahe-Karada war da schon das höchste der Gefühle. Aber je eine lockere Seilschlaufe um die Fußknöchel mit Doppelknoten ging auch schon als Fesselung durch. Dafür liefen die meisten Subbies ständig mit dicken Ledermanschetten um Hand- und manchmal Fußgelenke samt großem Karabiner daran herum, allzeit bereit für Kreuz, Pranger und Seilwinde. Der Gesamteindruck auf mich war eher einer von Zirkeltraining und Fitnessstudio: Bitte alle Stationen im Uhrzeigersinn durchlaufen. Vor lauter Begeisterung über einschlägiges Mobiliar und technische Hilfen scheint mancher in der Szene die Möglichkeiten zu übersehen, die in einfachem Seil stecken.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Köstlich...

hab ich eben abgelacht, wie das wahre Leben zeigt.


Ironie läßt grüßen, tja die
"wahren SM er"

Anonym hat gesagt…

Es gibt ja doch ein paar BDSMler, die AUCH Freude am ausschweifenden Fesseln haben! ProMeToys zum Beispiel, über dessen Stuhlfesselung ich gerade gebloggt habe - und mich selber, wobei ich aber zugebe, dass ich da lieber passiv als aktiv bin. Eben WEGEN der hohen Lernkurve: selbst wenn ich mal was eingeübt habe, vergesse ich es nach einiger Zeit wieder. Und wer SM praktiziert, steht halt auch auf eine ganze Menge anderer Praktiken - deshalb kommt dann selten eine richtige Routine in der Handhabung auf!

The Jester hat gesagt…

@Clu: Klar, darum auch der erste Satz. Aber die Avanti-Dilettanti-Haltung ist in diesem Bereich halt sehr verbreitet. Hier spielt zudem das Streben nach Perfektionismus hinein, dass zu meinem persönlichen Kink gehört: die fehlerfreie Bondage, das makellose Bild davon. Ich bin ja häufig genug mit meinen eigenen Fotos nicht zufrieden. Um wieviel mehr stört mich da dann eine so lieb- wie ahnungslos hingewurschtelte Fesselung eines anderen. Mit Wachs und Gerte bin dagegen ich blutiger Anfänger, und eine Single Tail o.ä. in meinen Händen würde ich wohl auch einer duldsamen Sub derzeit nicht zumuten.