Mittwoch, 26. Dezember 2007

Spannende Nacht

Einem gewissen Formenkanon zum Trotz ist Bondage nichts, was stur nach Rezept angewendet werden sollte. Erst die Variation des Vertrauten gibt dem Spiel Würze. Und wie so vieles andere ist Bondage abhängig von Stimmung und Tagesform. Ein und dieselbe Position kann weich und romantisch oder gnadenlos anstrengend sein, je nachdem, wie fest die Fesseln sind, wie der Grundton des Spieles ist, und wie lange es dauert. In diesem und weiteren Artikeln will ich das am Beispiel des Spreadeagle anhand eigener Erfahrungen zeigen.

Der Spreadeagle gehört zu den klassischen Bondagepositionen; selbst „normale“ Paare kommen häufig auf ihn zurück, wenn sie zur Auflockerung ihres Liebeslebens anfangen, mit Seilen zu spielen. Hand- und Fußgelenke an die Bettpfosten gebunden sind eine sehr effektive Methode, den Partner so wehrlos wie empfänglich für Aufmerksamkeiten aller Art zu machen. Für den/die Begünstigte kann der Spreadeagle auf Dauer jedoch sehr anstrengend werden.

Eine Gelegenheit zeigte mir, dass „anstrengend“ sehr relativ ist. Ich hatte meine Partnerin eines Abends recht heftig verzurrt: Hände und Füße so kurz an die Bettpfosten, dass sie straff aufgespannt auf der Matratze lag und praktisch keinerlei Bewegungsfreiheit hatte, dazu ein dicker Tuchknebel. Das hinderte sie nicht daran, im Nachglühen des Spiels einfach einzuschlummern. Ich war hin- und hergerissen: Einerseits fand ich es großartig, dass sie sich so sehr in ihre Fesseln fallen lassen konnte und zugleich so viel Vertrauen in mich zeigte – schließlich kannten wir uns damals noch nicht lange. Andererseits wusste ich um die Gefahren angefangen bei Muskelkrämpfen bis zur Erstickungsgefahr. Losbinden wollte ich sie aber auch nicht so einfach, dazu sah es einfach zu gut aus. Zugleich war es ein Realitätscheck für eine meiner Fantasien; da wollte ich wissen, wie lange sie es so aushielt.

Es wurde eine lange und spannende Nacht, obwohl dabei nicht viel passierte. Sie schlief einfach, trotz ihrer Lage völlig entspannt, während ich die ganze Zeit daneben saß, bereit, beim ersten Anzeichen eines Problems einzugreifen. Erst nach einigen Stunden wachte sie halb auf und signalisierte, dass es genug wäre. Ich band sie los, und wir schliefen den Rest der Nacht aneinander gekuschelt. Am nächsten Tag konnte sie sich noch daran erinnern, dass sie eingeschlafen war, aber nicht mehr, dass sie irgendwann aufgewacht war. Keine negativen Folgen außer einem leichten Muskelkater, eine durchweg positive Erfahrung für sie, und für mich ein Aha-Effekt.

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