Mittwoch, 6. August 2008

BDSM ist geil – für die Medien

Und hier gleich das aktuelle Gegenstück zum Thema Medien als Weg zu BDSM und ein immer noch typisches Beispiel, wie BDSM von Medien als Aufhänger genutzt wird: Der Tod einer 20jährigen bei einem Foto-Shooting mit SM-Hintergrund in Beelitz. Während die regionale Presse ausführlich, zum Teil spekulativ, aber doch weitgehend unaufgeregt berichtet (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9), macht der „Focus“ ein Fass auf: Unter dem Titel „Verhaftung nach Fesselsex“ packt Autor Herbert Reinke-Nobbe fröhlich alle Klischees und Vorurteile zusammen, die man halt so von der schwarzen Szene hat – mit Gothic und BDSM zusammen gruselt sich's doch gleich doppelt gut.

Reinke-Nobbe gibt zu, dass er über die Hintergründe des Vorfalls mindestens so sehr im Dunklen tappt wie die ermittelnden Behörden. Das hindert ihn nicht daran, mit suggestiver Wortwahl und raunenden Fragen Stimmung zu machen. Ganz nebenbei nennt er so viele Details über den verhafteten Fotografen, dass der auch ohne Namensnennung eindeutig identifizierbar ist.

Der Erfolg zeigt sich bereits in den Kommentaren zum Artikel, wo sich eine „Rosemarie“ aus verschiedenen nicht miteinander verbundenen Details zusammenfantasiert „Dem Mädchen wurde die Kehle aufgeschlitzt (…)“, ein „Mike“ fordert „Jetzt muß hart durchgegriffen werden, der Staat hat viel zu lange beim Thema Gothic und Sadomaso gepennt!! (sic)“ und ein „Homunculus“ sieht wieder einmal den Untergang des Abendlandes dräuen und Repression als probates Gegenmittel: „In letzter Zeit häufen sich Todesfälle im Zusammenhang mit Sexpraktiken. Es handelt sich offensichtlich um traurige Endpunkte suchtartigen Verhaltens. Die Droge heißt Porno. Fast unbemerkt ist eine riesige internationale Industrie größer als die größten Softwareunternehmen der Welt gewachsen. Diese sollte endlich über die Provider(Telekom, 1&1, etc.) strikt reguliert werden.“

Wer will es da noch wagen, offen zu seinen Vorlieben zu stehen, besonders wenn er oder sie im professionellen oder privaten Umfeld ohnehin gewisse Rücksichten nehmen muss? Wer die Szene kennt, weiß, dass sich da ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung tummelt, vom Hilfsarbeiter bis zum Universitätsprofessor, und dass der Anteil der Spinner und Pappnasen etwa ebenso hoch oder niedrig ist wie im normalen Alltag. Aber bring das mal dem inzwischen auf Krawallbespaßung dressierten gemeinen Medienkonsumenten bei. *soifz*

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