Der Nächste, bitte!
Das Fachblatt für Angst, Hass, Titten und den Wetterbericht versucht sich schon zum zweiten Mal in kurzer Zeit in maximaler Empörung, um einem Politiker im Wahlkampf eine reinzuwürgen, dessen sexuelle Vorlieben nicht massenkompatibel sind. Diesmal hat es jemand von einer der etablierten Parteien getroffen: Der Landtagskandidat hatte in einer großen einschlägigen Community ein Profil und suchte dort auch Spielpartnerinnen. Bild.de (kein Link, aus Gründen) machte deshalb ein großes Fass auf und outete den Politiker und seine Frau in atemloser Hysterie gleich mit. Genüsslich wird das Profil zitiert und mit Screenshots garniert, und angesichts der vielen eingefügten Anmerkungen und Ausrufezeichen wird deutlich, wie da versucht wird, Ressentiments zu schüren.
Die Strategie ist nur zu bekannt. Abgesehen davon, dass es hier um das Privatleben geht, sich kein Bezug zum angestrebten Amt finden lässt und das Boulevard-Opfer sich offenbar bemüht hat, private Dinge privat zu halten: Wie schon öfter werden fröhlich Persönlichkeitsrechte ebenso ignoriert wie Urheberrechte. Dazu kommt, dass da eine deutsche Zeitung für ein deutsches Publikum lang und breit über eine Community berichtet, die in Deutschland auf dem Index steht und nicht beworben und verlinkt werden darf.
Hinzu kommt, dass sowohl der Politiker als auch seine Frau dort nicht mit Klarnamen unterwegs und damit nicht einfach so zu finden waren. Der Betroffene vermutet eine ehemalige Mitarbeiterin als Tippgeberin. Unter „dumm gelaufen“ fällt, dass das Profil nicht nur für Mitglieder der Community sichtbar war, sondern nach einem zusätzlichen Klick auch für Besucher von außen – und mit einem eindeutig zuzuordnenden Foto versehen war.
Auch hier gilt allerdings: Was interessiert mich das Privatleben von jemanden, solange es unter SSC-Kriterien läuft, nicht im Widerspruch zum öffentlichen Auftreten steht und keinen negativen Einfluss auf Arbeit und Amt hat? Aber Bigotterie und Heuchelei bringen ja Auflage.
2 Kommentare:
Was mich dabei ehrlich gesagt am meisten entsetzt hat, ist die Art und Weise wie das in der SZ diskutiert wurde. Im Gegensatz dazu ist die Bildzeitung ein Vorbild an massvoller Zurückhaltung...
Ich will gar nicht wissen, was diejenigen, die ihn so verreißen, in Schlafzimmer oder Keller alles treiben ...
Kommentar veröffentlichen