Samstag, 10. Januar 2015

50 Shades of Grey schadet Ihrer Gesundheit

Das behauptet jedenfalls eine aktuelle amerikanische Studie, die aufgrund ihres (sicher nicht zufällig gewählten) Themas gerade mediale Aufmerksamkeit erhält. Wer sich anstelle der Presseberichte allerdings „Fiction or Not? Fifty Shades is Associated with Health Risks in Adolescent and Young Adult Females“ selbst vornimmt, sieht das Ganze ein wenig differenzierter und außerdem die Schwächen der Untersuchung. Wen es interessiert: Hier ist die offizielle Pressemeldung, hier die Studie (Volltext als PDF).

Die Studie beschäftigt sich mit den grundsätzlich problematischen Botschaften der Romanserie – eben jene, die auch in der BDSM-Szene kritisiert werden, wonach „Fifty Shades of Grey“ eben keine Geschichte einer BDSM-Beziehung, sondern die Geschichte einer missbräuchlichen Beziehung ist: „depicts pervasive violence against women, perpetuating a broader social narrative that normalizes these types of risks and behaviors in women's lives“ – es geht hier also weniger um BDSM als Lebensstil als um die Darstellung von Gewalt gegen Frauen als normal. Dass BDSM dabei unter die Räder kommt, ist ein anderes Thema, und da kann man den Büchern durchaus Mitschuld geben.

Der Studie zufolge haben Menschen Frauen, die in einer missbräuchlichen Beziehung („abusive relationship“) leben, ein erhöhtes Risiko für Komasaufen („binge drinking“) und häufig wechselnde Sexpartner, außerdem weitere Probleme wie Essstörungen.

Achtung: „häufig wechselnde Sexpartner“ bedeutet im Rahmen der Studie „five or more intercourse partners during their lifetime“, also fünf oder mehr unterschiedliche Partner über das ganze Leben hinweg. Dass die befragten Damen zwischen 18 und 24 Jahren alt waren, ist wohl eine Erklärung für diesen Wert. Im westeuropäischen Vergleich wären fünf Partner in der zwar jungen, aber doch normalerweise sexuell recht aktiven Altersgruppe wohl konservativ geschätzt – da ticken die Amerikaner vermutlich anders. Interessant ist allerdings, dass einmal Analsex soviel zählt wie fünf „normale“ Sexpartner. Das ist gerade für die USA recht vielsagend, denn da gelten Oral- und Analsex unter Jüngeren als beliebte Alternativen zum Vaginalverkehr, weil Frau dabei Jungfrau bleiben kann und damit eigentlich nicht so wirklich Sex hat.

Das Hauptproblem ist nach Ansicht der sechs Studienautorinnen, dass Personen, die ohnehin schon zu den entsprechenden Risikogruppen gehören, durch die Lektüre in ihrem Verhalten bekräftigt werden, statt sich Hilfe zu suchen.

Einen Unterton auf der Andrea-Dworkin- und Alice-Schwarzer-Linie sehe ich darin, dass die Autorinnen grundsätzlich davon ausgehen, dass Bücher wie „Fifty Shades of Grey" oder Pornographie (gerade Online-Pornographie) nicht nur unrealistische Erwartungen an realen Sex wecken, sondern auch grundsätzlich dazu dienen, Gewalt gegen Frauen sozial akzeptabel zu machen. Diese These würde ich ja nun nicht unbedingt unterschreiben.

Und die These, dass „andere Werke der populären Kultur“ auf der gleichen Schiene fahren, ausgerechnet mit „Twilight“ zu begründen, wo 50SOG doch als Twilight-Fanfic begonnen hat und genau die Schwächen und Probleme des Originals übernommen und verstärkt hat, ist eher peinlich.

Interessant bei der Untersuchung ist auch, dass „Fifty Shades of Grey“ gemeinhin als „Mommy Porn“ gilt, aber hier Frauen der Altersgruppe 18–24 unter die Lupe genommen wurden. Begründung: Da sei die Bereitschaft größer, in Sachen Sex auf Erkundung zu gehen. Es kann natürlich auch daran liegen, dass die Autorinnen sich nicht zu viel Arbeit machen wollten und damit schon im Vorfeld der Studie einen gewissen Drall gegeben haben.

Aus der Pressemitteilung geht die Aufteilung der Probandinnen nicht hervor, die Studie ist da aussagekräftiger: „219 who read at least the first Fifty Shades novel and 436 who did not read any part of Fifty Shades“. Außerdem waren die Befragten ausschließlich Studentinnen der Ohio State University, und wie einige unschöne Skandale der letzten Zeit gezeigt haben, ist aufgrund der Strukturen des US-Bildungswesens und der typischen Erziehungstraditionen (Prüderie, Konformitätsdruck, „Jock Culture“ etc.) an US-Universitäten die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, als Studentin sexuell belästigt oder missbraucht zu werden, wobei die Betroffenen aus Angst vor Repressalien schweigen.

Insofern sollte man der Studie bezüglich ihrer Aussagekraft über BDSM und BDSMer nicht zu viel Gewicht zusprechen.

Freitag, 9. Januar 2015

Schön gesichert

Elegant und wirksam: Die Kreuzfesseln

Ein Bild für zwischendurch: Die Cross Cuffs im Einsatz bei einem Bondage-Photoshooting.

Dienstag, 6. Januar 2015

Das nicht verflixte 7. Jahr

The same procedure as every year: Wie schon für 2013, 2012, 2011, 2010, 2009 und 2008 erneut ein kleiner Rückblick auf das vergangene Jahr:

Wordle-Wortwolke – Klick zum Vergrößern

Es ist – der Titel deutet es an – bereit der siebte Rückblick. Wie immer mit Wordle ist die Grafik kein Gesamtüberblick über das abgelaufene Jahr, sondern ein Schnappschuss der letzten Themen, die auf der Startseite dieses Blogs angezeigt werden. Und wie schon in den Vorjahren ist diese Ausschnitt vielleicht nicht repräsentativ, aber treffend. Netzpolitik und Grundrechte waren abermals ein Dauerbrenner, und ich erwarte für 2015 keine Besserung in dieser Hinsicht. Der Titel „Das verflixte 7. Jahr“ lag für diesen Beitrag also auch jenseits meiner Vorliebe für alte Filme nahe.

Doch in anderer Hinsicht war das siebte Jahr, in dem ich meine Ansichten in diesem Blog verbreite, ganz und gar nicht verflixt. Ich war in Sachen Bondage recht aktiv – bei Treffen und Workshops, ich hatte die eine oder andere Gelegenheit für einschlägige Fotos, und ich war auf größeren Veranstaltungen unterwegs.

Auch ansonsten war mein Jahr punktuell hedonistisch, ob auf Reisen, in Sachen Kultur oder einfach zuhause und mit Freunden, einige überraschende Wendungen inbegriffen. Und privat hat sich vieles zum Guten gewendet. Kochen macht mehr Spaß, wenn man es nicht nur alleine und nicht nur für sich alleine macht, und wenn das Gegenüber genau so viel Freude und Experimentierfreude beim Kochen und beim Essen beweist. Andere Laster kamen ebenso nicht zu kurz, und der Sommerurlaub 2015 wirft gerade hier seine Schatten voraus.

Bei allem Stress und allen Verwerfungen: Ein schönes Jahr. Auf 2015 – dass es noch besser werden möge!

Dienstag, 23. Dezember 2014

Erfreuliche Verwicklungen unter Freunden

Übung macht den Meister und die Meisterin – auch mit der Bullwhip.

Begünstigte, mit eigenem Seil in Karada und mehr verpackt

Paare unter sich: Bondage bleibt spannend.

Sportlicher Zugriff – die Dame hat gerade keine Hand zur Gegenwehr frei.

Nicht ganz einfach: Balance mit Seil-Handicap

Doppelt umarmt von Seil und Partner.

Kleidsame Ketten: Handschellen um Hand- und Fußgelenke. BTW: Schicke Schuhe.

Cross Cuffs: Schlicht, dekorativ und wirkungsvoll.

Mitten im Advent war es mal wieder Zeit für ein Treffen – von der Boundcon und dem einen oder anderen Stammtisch abgesehen nach März und Juli heuer bereits das dritte aus diesem Kreis. Wieder in anderer Besetzung, aber mit genug der üblichen Verdächtigen, dass es etwas von Familientreffen hatte, zumal einer der Ausrichter gleich noch seinen Geburtstag mitfeierte. Diejenigen, die zum ersten Mal dabei waren, fanden sich ebenfalls schnell aufgenommen. Neu war auch der Ort des Zusammentreffens; allerdings erwies sich die Location als so gut geeignet, dass wir sie sicher nicht zum letzten Mal genutzt haben.

In Sachen Essen, Trinken und entspannte Gespräche folgte dieses Treffen dem bewährten Muster – unterhaltsam und sehr harmonisch mit der Gelegenheit, mehrere Laster zu kombinieren und z. B. neue interessante Whiskys zu verkosten. Anders als an einigen anderen Austragungsorten hatten wir diesmal ausreichend Platz und so viele Räume, dass sogar einige in Reserve bleiben konnten. Ich hatte aufgrund einiger Anfragen vorab etliche Seile und andere Requisiten eingepackt und dazu die etwas umfangreichere Fotoausrüstung.

Ich konnte mein Fotostudio ungestört in einem Saal aufbauen und so über das Wochenende einige Bilderwünsche erfüllen. Eine Begünstigte, die ihre erste Begegnung mit den Seilen vor kurzem bei einem Besuch bei mir hatte, meldete sich als erste für ein paar Bilder und erbat sich nach einigen zunehmend strafferen Verschnürungen eine Runde in Ketten. Solche Wünsche kann ich natürlich schlecht abschlagen, und so durfte die Dame ihren Küchendienst mit einem leichten Handicap in Form einer Kombination aus Hand- und Fußschellen absolvieren. Kochen in Ketten war diesmal ohnehin ein Thema: Bereits am Samstagmorgen erledigten zwei der Damen die Frühstücksvorbereitungen mit etwas weniger Bewegungsfreiheit als üblich.

Eine weitere Teilnehmerin des Tee- und Tüdel-Treffs ließ für neue Fotos ihrer dominanten Seite ihren Lauf und trug so zu einigen spannenden Bildern mit einer weiteren Novizin bei. Die hatte ich dann auch solo vor der Kamera, denn sie brauchte noch ein paar Bilder als Weihnachtsgeschenk.

Fröhlich ging es zu, als sich ein paar Paare vor die Kamera trauten. Jene Begünstigte, die ich im März fliegen gelassen hatte, wollte diesmal unbedingt Bilder mit ihrem Mann – und nach zaghaftem Anlauf stieg der auch voll ein. Das Ergebnis waren einige Bilder, auf denen es sichtbar knistert – und einige herrlich alberne Weihnachtsbilder mit Bondage, Klemme und Nikolausmütze. Auch das andere Paar vergaß recht schnell die ungewohnte Situation und entspannte sich nach anfangs etwas steifem Posieren sehr schnell. Resultat waren einige schöne Momentaufnahmen der zwischen den beiden herrschenden Dynamik. Einziges Problem der ausgedehnten Fotosessions: Trotz zugezogener Vorhänge waren die Blitze nach Einbruch der Dunkelheit auch von außen sichtbar und veranlassten manchen Autofahrer auf der Durchgangsstraße vor dem Haus zu erschrockener Temporeduzierung.

Quasi als Fortsetzung des weihnachtlichen Päckchenpackens erfüllte die Herzdame Wünsche und wickelte die eine oder andere Folienmumie. Wie schon in einigen anderen Fällen zuvor waren die Begünstigten auch dieses Mal überrascht, wie angenehm und kuschelig sich die von außen so bedrohlich-dramatische Palettenfolie anfühlte, wenn man erst einmal darin steckte.

Dieses Mal habe ich keinen Bondage-Workshop abgehalten. Die interne Weiterbildung kam dennoch nicht zu kurz. Der Ausrichter des Treffens demonstrierte seine Fertigkeiten gleichermaßen im Umgang mit Bullwhip, Gerte und anderen Schlaggeräten und bei der effizienten Maultaschen-Produktion. Und die griffbereiten Werkzeuge regten den einen oder die andere zu Zielübungen auf arglose Wasserflaschen an. Insgesamt: Schöner Jahresausklang, Fortsetzung im nächsten Jahr.

Sonntag, 21. Dezember 2014

Mr. Red statt Mr. Grey

Mit dem nahenden Start der Verfilmung ist „Fifty Shades of Grey“ in den Medien präsenter denn je. Der Pseudo-BDSM-Unfug wird davon nicht besser, aber eine umso dankbarere Zielscheibe für Parodien und Veralberungen aller Art. So hat das auf Porno-Parodien bekannter Filme spezialisierte Studio Woodrocket für die amerikanische Sex-Shop-Kette Lion’Den eine Reihe von Werbespots gedreht, unter anderem eben Fifty Shades of Santa:

Und so ein fliegender Schlitten ist ja schließlich auch origineller als ein Hubschrauber, wie eine weitere saisonal passende Parodie beweist:

Beide geben der Standardfrage „Naughty or nice“ jedenfalls eine neue Bedeutung. Ho ho ho.

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Wunschzettel

Weihnachten darf man sich etwas wünschen (Zu anderen Zeiten auch, aber Weihnachten besonders.). Leider besteht keine Garantie dafür, dass sich diese Wünsche erfüllen.

Der erste Schritt dazu ist natürlich, die Wünsche dem Gegenüber auch zu äußern – die stille Hoffnung, dass der oder die andere Gedanken lesen kann und schon von selbst darauf kommt, was einem gefällt, führt selten ans Ziel. Und wer weiß, vielleicht stoßen die Phantasien ja auf enthusiastische Gegenliebe, zumal wenn sie so interessant sind wie bei „Sherman and Madeline“ von Kooman and Dimond, hier vorgetragen von Natalie Weiss:

Da sollte sich doch jemand finden, der diese Wünsche erfüllen kann.

Dienstag, 16. Dezember 2014

Protest in England: Sex ist Privatsache. Kink auch.

Ich hatte bereits neulich über das neue britische Gesetz berichtet, dass die Darstellung bestimmter Ausprägungen von Sexualität verbietet. Die „Audiovisual Media Services Regulations 2014“ lösen nicht nur internationales Kopfschütteln – Slate etwa titelt „British Government, Terrified of Female Sexuality, Is Censoring Bondage Porn“ – und beißende Kommentare aus wie jenen von Guardian-Kolumnistin Suzanne Moore, die die neuen Vorschriften als „komplett lächerlich“ und „bizarr, willkürlich und nicht zum Jugendschutz geeignet“ ansieht:

„One pretend answer is censorship. Why anyone in their right mind would hand any more power to the state over what they can see is utterly beyond me. If feminists think that government has women’s interests at heart, they are deluded. Most of what we all find immoral is already illegal, and it can’t be made any more illegal.

(…)

It is incredible that a committee of serious people has seriously come up with legislation that bans me from paying to watch a woman sitting on a man’s face, whereas in TV shows such as The Fall women’s fear is pimped as stylish titillation. And that’s how censorship works: it creeps in through any available orifice. Is this consensual? No. Policing fantasy never is.“

Als Reaktion haben sich auch Betroffene zu einem öffenlichen Protest vor dem Parlament zusammengefunden:

Video: London Sex Protest - 12/12/14

Den passenden Soundtrack hat Monty Python schon vor Unzeiten geliefert:

Selbst der stellvertretende britische Premierminister Nick Clegg ist mittlerweile der Ansicht, dass das neue Gesetz zu weit geht: „Government is not there to stick its nose in the bedroom as long as people are not doing things which are illegal under the law.“ Schließlich zeigen Statistiken, dass Bondage, Spanking und andere unter das neue Gesetz fallende Praktiken bei Briten sehr beliebt sind.