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Samstag, 22. März 2008

Der Achtknoten

Bereits zum Auftakt meiner kleinen Knotenkunde habe ich darauf hingewiesen, dass der Überhandknoten (für Seeleute: halber Schlag) für Bondage in der Regel die falsche Wahl ist. Fest zugezogen ist er nur schwer wieder zu öffnen. Außerdem ruiniert er auf Dauer das schöne Seil. Wesentlich besser ist der Achtknoten. Dieser bleibt richtig ausgeführt außerdem schön flach, was das Liegen auf ihm deutlich angenehmer macht.

So wird der Achtknoten gebunden:

Achtknoten, Schritt 1
Zunächst formt man ein Ende zu einem Auge, wobei das Arbeitsende über dem stehenden Ende liegt.

Achtknoten, Schritt 2
Anschließend führt man das Arbeitsende hinter das stehende Ende…

Achtknoten, Schritt 3
… und dann zurück durch das Auge. Zuziehen – fertig.

Fertiger Achtknoten
Der Achtknoten ist flach und zugleich voluminöser als ein Überhandknoten. Er eignet sich sehr gut als Stopperknoten.

Achtschlaufe
Mit doppelt genommenem Seil ausgeführt, ist der Achtknoten nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch funktionell: Es ergeben sich feste, sich nicht zuziehende Schlingen, die sich ideal als Ankerpunkte etwa für einen Karada eignen.

Der Kreuzknoten

Soll eine Bondage zuverlässig halten, müssen die Abschlussknoten zuverlässig halten. Die meisten Einsteiger dürften bei ihren ersten Versuchen die von ihnen geknüpften Fesseln mit einem Doppelknoten sichern – und liegen damit genau richtig. Allerdings steckt der Teufel im Detail: Nicht jeder Doppelknoten hält, was er verspricht. Sehr zuverlässig als Verbindungsknoten für zwei lose Enden ist dagegen der Kreuzknoten.

Der Kreuzknoten heißt nicht nur so, weil die Seilenden sich kreuzen, sondern auch, weil die beiden Hälften des Knotens gegenläufig gebunden werden. Richtig geknüpft, hält er sehr gut, lässt sich jedoch problemlos wieder öffnen, wenn es an der Zeit ist. Dabei gilt es zwei Einschränkungen zu beachten: Der Kreuzknoten eignet sich nicht zum Verbinden von Seilen unterschiedlicher Dicke. Außerdem ist sein Halt etwas materialabhängig. Bei sehr glatten Seilen sollten seine Enden mit zusätzlichen Stoppknoten, etwa mit Achtknoten, gesichert werden. Alternativ lässt sich ein Chirurgenknoten einsetzen, der selbst in dünner Nylonschnur gut greift.

So wird der Kreuzknoten gebunden:

Kreuzknoten, Schritt 1
Als erstes zwei Enden kreuzen und einen gewöhnlichen Überhandknoten machen. Hier lag das linke blaue Ende zum Start über dem rechten roten Ende.

Kreuzknoten, Schritt 2
Nun darüber einen zweiten Überhandknoten machen, dabei darauf achten, dass beim Kreuzen der Enden das blaue Ende unter dem roten Ende läuft.

Kreuzknoten, Schritt 3
Beim Zusammenziehen zeigt sich die flache, symmetrische Form, die für den guten Halt des Kreuzknotens verantwortlich ist.

Kreuzknoten, fertig gebunden
Der sehr kompakte und sichere Kreuzknoten ist ein echter Allrounder, der auch außerhalb einer Bondage-Session gute Dienste leistet. Er ist der wichtigste Fesselknoten. Bondager können zur Not auf alle anderen Knoten verzichten, aber diesen sollten sie im Schlaf beherrschen.

Vergleich Altweiberknoten und Kreuzknoten
Ein tückischer Verwandter des Kreuzknotens ist der auf diesem Foto oben abgebildete Altweiberknoten. Beim „automatischen“ Binden eines Doppelknotens von der Schuhschleife bis zum Paketknoten ist er meist das Ergebnis. Im direkten Vergleich zeigt sich der Unterschied: Beim Altweiberknoten laufen die Enden nicht symmetrisch durch die Seilbuchten, weil seine beiden Teilknoten in die gleiche Richtung geknüpft wurden.

Anders als der Kreuzknoten löst sich der Altweiberknoten unter Zug
Beim Festziehen ist der Unterschied zum Kreuzknoten unübersehbar: Der Altweiberknoten legt sich unschön und neigt unter Zug zur Selbstauflösung. Finger weg!

Freitag, 21. März 2008

Kleine Knotenkunde

Achtknoten und Überhandknoten
Einsteiger, die sich auf Seil und verwandte Fesselmaterialien kaprizieren, merken im Normalfall schnell, dass längst nicht alle Knoten sich gleich gut für Bondagezwecke eignen. Manche halten nicht mehr, sobald der/die Begünstigte sich auch nur ein wenig bewegt. Andere wiederum wollen gar nicht mehr aufgehen und lassen sich nach der Session nur noch mit scharfen Gegenständen öffnen. Ich will deshalb in diesem Blog in loser Folge nützliche Knoten für einschlägige Anwendungen vorstellen.

Das Thema Knoten erschlägt durch seine schiere Fülle. Segler haben für jede nur denkbare Einsatzmöglichkeit einen speziellen Knoten, Bergsteiger ebenfalls. Viele Handwerker haben für ihre spezifischen Zwecke genauso eigene Knoten entwickelt wie Feuerwehrleute oder Angler. Neben der Funktion spielen vielfach Traditionen eine große Rolle – dank Shibari auch im Bereich BDSM und Bondage.

Neulinge sollten sich davon nicht abschrecken lassen. Vor allem sollten Sie sich nicht dazu verleiten lassen, ohne Rücksicht auf eigenes Können und Sicherheit des Partners gleich ein paar Dutzend Knoten am lebenden Objekt auszuprobieren. Wie ich schon vor einiger Zeit angemerkt habe, ist ein übersichtliches, aber gut beherrschtes Repertoire sinnvoller als eine Menge halbverdauten Wissens. Für die meisten Bondage-Anwendungen reichen Kreuzknoten, Achtknoten, Fischerstek, Webleinstek und Palstek, der Rest ist dann Kür. Besonders im Zusammenhang mit Bondage ist zu beachten, dass Knoten grundsätzlich die Tragfähigkeit bzw. Zugfestigkeit eines Seils negativ beeinflussen. Also auch hier mit genügend großer Sicherheitsmarge planen und Knoten nutzen, die das Seil nicht ruinieren.

Bei dem oberen der beiden Knoten auf dem Foto handelt es sich übrigens um einen Achtknoten. Den darunter abgebildeten Überhandknoten dürften die meisten kennen. Im Vergleich zum Achtknoten hat der Überhandknoten einige Nachteile. So zieht er sich so fest zusammen, dass er – besonders im nassen Zustand – nur schwer wieder zu lösen ist. Außerdem beansprucht er das Seil sehr stark.

Montag, 4. Februar 2008

Rollenspiel – die Praxis

Da die Grundlagen des Rollenspiels nun bekannt sind: Wie setzt man jetzt als unbeleckter Einsteiger so etwas in die Realität um? Genau wie bei anderen Aspekten von Bondage und BDSM ist es sinnvoll, sich Schritt für Schritt an diese Spielvariante heranzutasten.

Fürs erste sollten alle Beteiligten die Latte nicht zu hoch setzen. Es muss nicht gleich die bis ins Letzte ausgearbeitete, hochkomplexe und vom eigenen Ich möglichst weit entfernte Persona sein, die bei der Premiere an den Start geht. Viel eher eignen sich für den Anfang die einfachen, schemenhaft angelegten und sogar klischeehaften Rollen wie „Pirat und Prinzessin“ oder „Indianerin und gefangenes Bleichgesicht“. Das können und dürfen Rollen aus Kindheitserinnerungen und Tagträumen sein, inspiriert von Filmen und Romanen: Auf jeden Fall Figuren, die man gerne einmal wäre und die die eigene Fantasie ebenso anregen wie die des Gegenübers.

Gerade bei den ersten Versuchen sollte man dabei Rollen aus dem Weg gehen, die einen in angstbesetzte Situationen führen – wohliger Schrecken kann recht unverhofft in einem Absturz münden. Es ist besser, sich seine Rolle selbst zu suchen, statt nur den Wunschzettel des Partners abzuarbeiten. In eine Rolle, die einem nicht liegt, findet man sich nur schwer hinein und fällt um so schneller wieder hinaus.

Schon unter vier Augen können die ersten Rollenspiel-Versuche eine gewisse Herausforderung darstellen. Da sollte man nicht noch einen zusätzlichen Stressfaktor einbauen, indem man im öffentlichen Raum spielt. Auch wenn Ausgangssituationen wie „Zwei Fremde in der Hotelbar“ oder „Kaufhausdetektiv und Diebin“ spannende Möglichkeiten eröffnen: Ihre Umsetzung an realen Orten sollte einer Zeit vorbehalten sein, in der die Spielpartner sich in ihren Rollen und dieser Situation wohlfühlen.

Nichts ist tödlicher für ein erotisches Rollenspiel als ein minutiös ausgearbeitetes Drehbuch, mit dem womöglich nur einer der Mitspieler den Ablauf auf Basis seiner Fantasien haarklein festlegen will. Die Spielpartner können ihre individuellen Anteile nur einbringen, wenn sie den nötigen Raum dazu haben. Erst dann besteht die Chance, dass jeder neue und interessante Facetten an sich entdecken und die gewählte Rolle mit Leben erfüllen kann. Dies verringert zudem die Gefahr, dass einer der Beteiligten aus dem Spiel katapultiert wird, weil er sich zu sehr verbiegen muss, um die vorgeschriebene Rolle abzuarbeiten. Ein mit groben Strichen gezeichnetes Szenario als Startpunkt ist erheblich spannender und eröffnet mehr Möglichkeiten. Je nach Ausgangssituation müssen nicht einmal beide Partner in eine fremde Rolle schlüpfen, es kann ausreichen, dass nur einer sich verwandelt.

Wie immer in einer Session ist hier das Offenhalten eines Notausgangs wichtig: Jeder kann abbrechen, wenn er es will. Ampel und Safeword gelten uneingeschränkt, doch kann man sich gerade in einer Rollenspielsituation auch elegant aus der Affäre ziehen: Der verkörperte Charakter verabschiedet sich, geht unter Umständen tatsächlich und kehrt wenig später als der vertraute Partner zurück. Umgekehrt erlaubt eine Rolle so den nahtlosen Wiedereinstieg in die Spielsituation: Da steht etwa unverhofft der Inspektor vor der Tür und hat nur noch ein paar Fragen.

Sehr hilfreich beim Finden und Hineinschlüpfen in eine Rolle ist es, der verkörperten Figur einen Namen zu geben und sich tatsächlich so ansprechen zu lassen. Auch die zur Rolle passende Kleidung unterstützt das Spiel. So fällt es mir im dreiteiligen Anzug erheblich leichter, Gabriel zu sein, als in Jeans und T-Shirt. Das muss gar kein aufwendiges Kostüm sein, wenige Accessoires reichen aus, um eine Figur einzufangen.

Besonders am Anfang ist es sinnvoll, das im Rollenspiel Erlebte anschließend gemeinsam zu reflektieren: Wie ging es einem selbst, wie ging es dem Gegenüber, wie kam die eigene Rolle beim Partner an und umgekehrt, was waren die Highlights und wo wurde es krampfig… Dies erleichtert es, einen gemeinsamen Weg zu finden, ermöglicht eine bessere Ausarbeitung der Rollenfiguren und erhöht langfristig den Spaß an der Sache.

Sonntag, 3. Februar 2008

Rollenspiel: Einfach jemand anders sein

Wie ich schon andeutete, kann eine Session je nach Anlass und Temperament unterschiedlich stark ausgeprägte Rollenspiel-Elemente enthalten. Dabei geht es weniger um das Rollenspiel im pädagogischen und psychologischen Sinn als um die Variante in der Nachfolge von Indianerspielen aus Kindertagen oder den elaborierten Welten von Fantasy-Spielen à la „Dungeons & Dragons“. Wer solche Spiele schätzt, nutzt ihre Möglichkeiten gerne auf vielen Ebenen, um der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen. Nicht umsonst existiert eine stattliche Schnittmenge zwischen BDSMern und LARPern.

Schon bei der klassischen Pen & Paper-Variante haben die Spieler eine erhebliche Bandbreite in der Art des Rollenspiels. Die Spanne reicht von „Tür auf, Monster plätten, Tür zu, Erfahrungspunkte eintragen“ bis zum Aufgehen im über mehrere Kampagnen liebevoll ausgearbeiteten Charakter des goldhungrigen Zwerges, der beim Anblick des Schatzhaufens in der Höhle den darauf schlummernden Drachen glatt übersieht. Mindestens ebenso groß sind die Variationsmöglichkeiten im erotischen Kontext.

So lässt sich auch hier ein einzelnes, einfaches Szenario durchspielen, etwa „Entführung“. Da gibt es Absprachen, „Wegpunkte“ gewissermassen, was passiert, eventuell auch, wie es passiert. Die „Rollen“ beschränken sich auf die Funktionen der Beteiligten, „Entführer“ und „Opfer“. Es gibt keine große charakterliche Entwicklung, Verhaltensweisen und eventuelle Dialoge leiten sich aus dem Klischeefundus von Film und Fernsehen her. Keiner macht sich einen großen Kopf, weil es um elementare Befriedigung mit ein bisschen Deko geht: Die härtere Version des fürs Schlafzimmer ausgeliehenen Krankenschwestern-Kostümchens sozusagen.

Am anderen Ende der Skala steht ein Rollenspiel, in dem die Beteiligten tatsächlich in ihrer Rolle sind. Sie müssen sich nicht überlegen, wie der jeweilige Charakter jetzt handeln würde, weil sie vollständig in character sind. Das ist dann z. B. nicht mehr Jester, der gerade so tut, als wäre er der große Schurke – in dem Moment ist er Gabriel, der eine Schuld eintreibt und keine Probleme damit hat, dass er das auf die harte Tour machen muss. Das ist durchaus ein wenig wie method acting.

Solche Rollen sind echte Charaktere, selbst wenn sie aus einer Augenblickslaune entstanden und anfangs noch sehr schemenhaft sind: Sie entwickeln sich, bekommen Gestalt, Persönlichkeit und Hintergrund, so wie Romanfiguren beim Schreiben eines Romans ein Eigenleben entwickeln und plötzlich ganz andere Pfade einschlagen können, als es der Autor ursprünglich geplant hat.

Ein derart durchgebildeter Rollencharakter kann Dinge tun, die sein „Schöpfer“ nicht unbedingt tun würde, hat ganz eigene Vorlieben und Abneigungen. Er reagiert und interagiert auf Basis seines Hintergrundes und Charakters.

So eine Art von Rolle ist meiner Erfahrung nach nicht ganz einfach zu „spielen“. Man kann nicht immer in sie fallen, es braucht zuweilen die passenden Umstände, damit dieser Charakter an die Oberfläche kommt und das Ruder übernimmt. Ist er da, kann es für das Gegenüber sehr interessant werden, weil dann tatsächlich jemand anders als der gewohnte Partner zum Spielen da ist.

Dieser spezielle Switch kann sich sogar mitten im Spiel ereignen, er kann durch die passenden Accessoires ausgelöst werden, er kann aber auch nach Drehbuch geschehen. Unter „Drehbuch“ sollte man sich nicht unbedingt ein ausformuliertes Skript vorstellen. Manchmal ist es nicht einmal ein Treatment, sondern nur ein eine Ausgangssituation beschreibender Satz wie „Morgen abend kommt Ivy zu Besuch“. Den Rest übernehmen die Charaktere.

Ein Rollenspiel kann sich so über die aktuelle Situation hinaus erstrecken, mit offenem Ende. Es kann eine ganze Nacht oder ein ganzes Wochenende dauern, bis irgendwann einer der Beteiligten seinen Charakter wieder schlafen schickt und selbst aus dem Spiel auftaucht.

Zwischen den geschilderten Extremen gibt es viele Abstufungen, auch abhängig von der Definition von „Rolle“. Schon szeneübliches D/S und Top/Bottom ist ja eine Art von Rollenspiel („naturveranlagt“ halte ich für ein Gerücht). Auch die Persona, die Menschen online in Foren oder Chats präsentieren, dürfte sehr häufig zumindest anteilig eine Rolle sein.

Persönliches Beispiel: „Jester“ war vor mehr als zehn Jahren ein Verlegenheitsnick, weil mir auf die Schnelle nichts anderes eingefallen ist. Inzwischen ist daraus ein Charakter geworden, den ich mir bequem überstreifen kann. Natürlich hat „Jester“ viele Elemente meiner realen Persönlichkeit. Zugleich ist „Jester“ aber gerade im Chat zu einem gewissen Grad auch eine Rolle, die ich spiele. Der Hofnarr hat seine eigenen Manierismen, seine Sicht die Dinge zu betrachten, seine Art Dialoge zu führen – und die verdankt er u.a. seinem filmischen Vorbild und dessen Gegenspieler, auch wenn er in den vergangenen Jahren eine Menge eigene Züge entwickelt hat.

Eigentlich bin ich ja ganz anders, ich komme nur so selten dazu.
(Ödön von Horváth)

Alles muss sich ändern…

… damit es bleibt, wie es ist: Clu schreibt über veränderte Neigungen im Laufe einer BDSM-Beziehung und die Vorzüge gemeinsam entwickelter Sessions. Beides deckt sich mit meinen Erfahrungen. Und ich hatte nie das Problem mit „Wunschzettelsubs“, das anscheinend etliche Vertreter der dominanten Fraktion haben. Das C in SSC erstreckt sich nun mal auf die Vorbereitung des Spiels, wenn alle Beteiligten auf Dauer etwas davon haben sollen. Wie soll Top anders die Wünsche und Sehnsüchte von Spielpartnern erfahren und damit auch für seine Ideen nutzbar machen?

Sonntag, 16. Dezember 2007

Ohren zu

Sensorische Deprivation ist ein probates Mittel, während einer Session die Aufmerksamkeit des/der Begünstigten auf die wirklich wichtigen Dinge zu fokussieren. Nach der Verdunkelung per Augenbinde zündet die Ausschaltung des Hörvermögens die nächste Stufe auf dem Trip in den Subspace. Mit herkömmlichen Mitteln ist vollständige Stille allerdings nicht zu erreichen.

Für einen ungestörten Nachtschlaf gedachte Klassiker wie Ohropax dämpfen den Umgebungslärm, doch bekommt ein konzentriert lauschender Träger immer noch einiges an Geräuschen mit. Selbst sehr leistungsfähige Ohrenstöpsel können nicht alle Töne unterdrücken. Für mehr Ruhe empfiehlt es sich, mit mehreren Schichten zu arbeiten: Ohrenstöpsel, Polster auf die Ohrmuscheln und dann mit einer Binde fixieren. Der Umgebungsschall lässt sich außerdem mit einer anderen Geräuschkulisse maskieren – Kopfhörer über die Ohrenstöpsel und je nach Geschmack laute Musik, meditative Klänge oder Weißes Rauschen einspielen.

In diesem Zusammenhang ist die Active Noise Cancellation interessant. Bei ihr werden störende Außengeräusche durch gezielt im Kopfhörer erzeugten Gegenschall ausgelöscht. Diese im Luftfahrtbereich schon länger eingesetzte Technik wird mittlerweile auch in Hifi-Kopfhörer eingebaut. Leider sind wirksamere Exemplare derartiger Noise-Cancelling-Kopfhörer immer noch zu teuer, als dass sich die Anschaffung als reines Bondage-Spielzeug lohnen würde.

Sonntag, 2. September 2007

Die Erstausstattung

Jemand, der wie ich Bondage schon ein wenig länger und auch intensiver betreibt, schöpft normalerweise aus dem Vollen: Über die Jahre sammelt sich einfach viel an, und im Normalfall habe ich für die meisten Bondage-Situationen das richtige Fesselmaterial parat. Einsteiger stehen dagegen vor der Frage, mit was sie anfangen sollen. Zu viele einschlägige Utensilien auf dem Markt sind qualitativ miserabel, derb überteuert – der sprichwörtliche Perversenzuschlag – und im Zweifelsfall in ihren Einsatzmöglichkeiten beschränkt.

Auch wer in der ersten Entdeckerfreude nutzt, was ohnehin im Haushalt vorhanden ist, kann böse Überraschungen erleben. Wie die Plüschhandschellen kann auch hier das falsche Material die Freude am Fesseln dauerhaft vergällen. Seidenschals, Strümpfe bzw. Strumpfhosen, Krawatten oder Morgenmantel-Gürtel eignen sich prinzipiell zum Fesseln. Allerdings schneiden sie nicht nur schnell ein. Auch Knoten neigen hier dazu, sich so fest zu ziehen, dass sie nur noch mit scharfen Werkzeugen zu öffnen sind. Die Paketschnur aus der Küchenschublade oder die Wäscheleine aus dem Keller leiden unter den selben Nachteilen, zudem können sie je nach Qualität im falschen Moment reißen.

Die beste Basis für eine Bondage-Ausrüstung ist ausreichend stabiles, ausreichend dickes Seil in ausreichender Länge. Was dabei „ausreichend“ ist, ist in der Szene durchaus umstritten, ebenso wie das „richtige“ Material. Natürlich habe ich selbst zugerichtetes, geöltes Hanfseil in meinem Bestand. Aber auch wenn die Puristen jetzt aufschreien: Für den Anfang tut es ganz normales Kunststoffseil aus dem Baumarkt. Das ist praktisch sofort einsatzbereit, leicht zu beschaffen und geht auch in größeren Mengen nicht ungebührlich ins Geld – große Vorteile, wenn man in Bondage erst einmal reinschnuppern will oder eine verwickelte Situation mit einem beherzten Schnitt durch das nagelneue Seil auflösen muss.

Bewährt hat sich meiner Erfahrung nach geflochtenes Polypropylen-Seil mit einer Dicke von 6 mm. PP-Seil, weil es einigermaßen robust ist und auch in Sachen Witterungsbeständigkeit Vorteile gegenüber anderen Materialien bietet. Geflochten, weil sich das Seil so geschmeidiger legen und knoten lässt. Außerdem sieht es meiner Meinung nach schöner aus als geschlagenes Kunststoffseil dieser Dicke, bei dem die Furchen zwischen den Kardeelen recht tief sind. Ein Durchmesser von 6 mm erlaubt hohe Flexibilität: Ein solches Seil folgt gut den Körperkonturen, lässt sich anders als dickeres Seil gut knoten und ist dick genug, dass man als Rigger nicht endlos wickeln muss für eine optisch ansprechende und bequeme Bondage. Zugleich ist es dünn genug, um auch Feinarbeit etwa bei Fingern und Zehen zu ermöglichen.

Als Standardlängen setze ich bei diesem Seil auf 4 m und 8 m. Die kürzeren Enden eignen sich bei der von mir bevorzugten Double-Rope-Technik gut für die Extremitäten, während die längeren Stücke für den Körper gedacht sind. Mit diesen beiden Längen kann ich nahezu alle Situationen abdecken, und auch die 8 m-Enden sind noch nicht so lang, dass sie beim Fesseln in den Weg geraten. Die in Baumärkten häufig zu findenden 15 m-Spulen „Allzweckseil“ sind dicht genug an diesen Längen dran, dass sich eine Einsteiger-Ausstattung kostengünstig mit zwei Spulen und ohne aufwendiges Abmessen realisieren lässt: Das eine Seil vierteln, das andere halbieren, über einer Kerze die Schnittenden verschmelzen, ohne das sich scharfkantige harte Knubbel bilden – fertig.

Nach all den Vorteilen sollen auch einige Nachteile nicht verschwiegen sein. So müssen Knoten in geflochtenem PP-Seil wegen dessen Glätte zuweilen mit zusätzlichen Stopperknoten gesichert werden. Außerdem erzeugt es wie alle Kunststoffseile eher Verbrennungen durch Reibung als Naturfasern, wenn es schnell über die Haut gezogen wird. Und manches dieser Baumarktseile ist nicht unbedingt tauglich für eine Suspension. Aber wer seine(n) Begünstigte(n) schweben lassen will, sollte ohnehin wissen, was er tut, und schon einige Erfahrung haben.

Freitag, 17. August 2007

Völlig entfesselt

Zwischendurch mal ein bisschen Bildungsfernsehen: Freunde eisenhaltiger Abführmittel können online verfolgen, wie Handschellen hergestellt werden, und wie man mit Minimalwerkzeug Handschellen öffnet. Die ebenfalls dokumentierte Entfesselungsroutine aus den Einmalhandschellen leidet allerdings darunter, dass die Plastikteile im Ernstfall doch deutlich fester sitzen dürften.

Update 03.01.2009: Da die ursprünglichen Videos gelöscht sind, habe ich die Links in diesem Artikel angepasst.

Samstag, 21. Juli 2007

Vom Wert des Übens

Als Bondage-Liebhaber hat man es nicht einfach. Da hast Du endlich jemanden gefunden, der sich verschnüren lassen will. Sie/er ist begierig darauf, sich Dir auszuliefern und zu genießen, was Du mit ihm oder ihr anstellst, sobald Du ihn oder sie gefesselt hast. Und Du? Du bist auf einmal nervös wie noch nie zuvor, hast das Gefühl, nur noch Daumen an den Händen zu haben, kannst Dich an keinen Knoten mehr erinnern und knödelst hektisch die von Dir lange für genau diesen Moment aufgesparten Seile irgendwie an Dein williges Opfer, während Dir der Schweiß ausbricht.

Oder Du beobachtest auf einer Party, wie elegant und zugleich schnell und ökonomisch ein Bondage-Top seine Partnerin verpackt – und siehst Deine Chancen schwinden, je eine passende Partnerin für Dich zu interessieren, weil Deine eigenen Bondagefähigkeiten meilenweit von den dort demonstrierten Künsten weg sind.

Oder Du siehst ein absolut perfektes Bondage-Foto und fragst Dich: Wie zum Teufel hat der das gemacht?

Wenn Dir das alles bekannt vorkommt: Keine Panik. Auch ein Shibari-Meister fällt nicht vom Himmel. Bondage ist nicht nur eine vergnügliche Freizeitbeschäftigung im sexuellen Kontext, sondern besitzt außerdem Merkmale eines Handwerks. Ihre Schönheit und Perfektion ergeben sich aus der Beherrschung der nötigen Grundlagen, Abläufe und Fähigkeiten. Noch wichtiger: Das Wohlbefinden Deines Gegenübers hängt davon ab, dass Du weißt, was Du tust.

Willst Du Bondage von der aktiven Seite betreiben, kommst Du um ein gewisses Maß an Übung nicht herum. Der Lohn der Mühe ist mehr Spaß für alle Beteiligten – und weniger Risiko. Die Grundlagen für das Erlernen der nötigen Fertigkeiten, wie sie auch Otto Friedrich Bollnow in „Vom Geist des Übens“ beschreibt, sind im Grunde Jahrtausende alt: Übe richtig, übe mit Maß und Ziel, übe beständig. Du kannst als Neuling nicht aus dem Stand die tolle Suspension nachmachen, die Du auf der Boundcon gesehen hast. Für den Anfang reicht es, wenn Du Dich nicht in Deinen Seilen verhedderst und die Fesseln nicht herunterfallen, sobald Dein Opfer sich bewegt. Der Rest kommt mit der Erfahrung, ebenso wie die anfängliche Nervosität nachlässt.

Beginne mit den Grundlagen. Lerne Knoten, die zuverlässig halten, aber auch wieder aufgehen, wenn sie es sollen. Übe die richtige Seilführung; wenn Du keinen willigen Partner hast, dann an Dir selbst oder an Gegenständen. Lerne, wie locker „fest“ und wie fest „locker“ sein muss, um zu funktionieren, ohne Schaden anzurichten. Steigere Dich dabei, aber langsam: Masse ist nicht Klasse – besser ein kompaktes Repertoire, das Du beherrschst, als ein unübersehbares Sammelsurium halbverdauten Wissens. Versuche nichts zu erzwingen, übe, solange es Dir Spaß macht, und sorge mit Abwechslung dafür, dass es Spaß bleibt. Setz Dir dafür ein Ziel, das Dich motiviert. Aber übe regelmäßig, damit Du von dieser Übung profitierst. Du bist es Deinem Partner bzw. Deiner Partnerin schuldig.

Auch wenn öffentliche Bondage-Vorführungen bisweilen diesen Eindruck hervorrufen, geht es beim Fesseln nicht darum, Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen. Natürlich willst Du Dein Gegenüber nicht warten lassen oder gar langweilen. Aber der Weg dorthin führt nicht über hektisches Hudeln. Stattdessen gilt die Maxime Slow is smooth, smooth is fast. Eine Aktion, die bedacht und flüssig ausgeführt wird, ist in der Regel schneller als eine, die unüberlegt und mit Zeitersparnis im Blick ausgeführt wird. Ein häufig und überlegt trainierter Bewegungsablauf, sei es ein Knoten oder das Anlegen eines Shinjus, verankert sich im Muskelgedächtnis. Du musst nicht mehr nachdenken, wie Du das Seil führen musst, Deine Finger wissen es schon. Und weil Du nicht mehr darüber nachdenken musst, geht Dir die Aktion schnell und sicher von der Hand.

Zuweilen nimmt das Muskelgedächtnis das Heft auch dann in die Hand, wenn es das gar nicht soll: Beim ersten Bondage-Workshop, den ich gehalten habe, wollte ich als abschreckendes Beispiel einen für Bondagezwecke ungeeigneten, da unsicheren Altweiberknoten vorführen. Erst im dritten Anlauf habe ich den Teilnehmern keinen Kreuzknoten gezeigt.