Montag, 6. August 2007

Wonnen in der Wanne

Wer sein Bad nur dazu benutzt, sauber zu werden, verpasst etwas. Dusche und Wanne eröffnen vielfältige erotische Möglichkeiten, und die Industrie unterstützt Experimentierfreudige mit einer Fülle von Produkten. Aus Japan kommt „Honey“. Der in verschiedenen fruchtigen Duftnoten erhältliche Badezusatz verwandelt das Wasser in eine schlüpfrige, gelartige Masse, die auf heftige Bewegungen mit zunehmender Zähigkeit reagiert. Allein ein ziemlich derbes Preisschild trübt das glitschige Badevergnügen.

Aber Rumschmaddern in Glibberzeug spricht ja ohnehin die kindlichen Gelüste an – da kann man sich gleich im passenden Sortiment bedienen. „Gelli Baff“ wird als Kinderspielzeug vermarktet. Angesichts der im Werbevideo demonstrierten Eigenschaften unterstelle ich jedoch ein erhebliches Potenzial auch bei erwachsenen Kunden. Allerdings dürften bei Gelli Baff aus Gründen der Produkthaftung Geruch und Geschmack eher neutral oder sogar abschreckend sein.

Wer es aromatischer und dennoch kostengünstig mag, kann ja zum Do-it-yourself-Verfahren greifen und ein paar Großpackungen Götterspeise in der Wanne anrühren. Und die Damen, die mit Glibber nun gar nichts anfangen können, finden vielleicht das einschlägige Badeentchen anregend.

Sonntag, 5. August 2007

Favoriten

Sehr viele Bondager haben eine Lieblingsposition oder bevorzugen ein bestimmtes Fesselmaterial. Vielleicht bin ich da etwas aus der Art geschlagen – beides ist mir primär egal, Hauptsache es ist fest und sieht gut aus. Aber natürlich habe ich auch gewisse Vorlieben. So setze ich den klassischen Spreadeagle immer wieder gerne ein, ob an Bettpfosten oder an in den Boden gerammten Pflöcken. Er hat den Vorteil, Begünstigte sehr hilflos und sehr zugänglich zugleich zu machen. Da ist neben dem praktischen der psychologische Effekt nicht zu unterschätzen. Dazu nehme ich Seil oder des Tempos wegen auch Hand- und Fußschellen.

Seil in allen Varianten setze ich ohnehin mit Vorliebe ein; wenn eine gewisse Bewegungsfreiheit erwünscht ist, der Ausbruchssicherheit wegen auch Ketten. Es soll ja nicht sein, dass sich mein Opfer einfach entfesselt. Ansonsten bin ich recht flexibel und nutze alles von dünner Schnur bis zur Palettenfolie. Eine Ausnahme sind Ledermanschetten. Auch wenn die für den/die Trägerin bequem sind – ich finde, sie sehen recht martialisch aus. Natürlich habe ich trotzdem welche in der Spielzeugkiste, man weiß ja nie. Bei Knebeln setze ich schließlich auch einige heftige Varianten ein wie einen Harness Ball Gag oder einen Muzzle Gag, ohne dass ich den Anblick abschreckend finde.

Meine aktuelle Vorliebe ist japanisch inspirierte Bondage, ohne dass ich regelgerechtes Shibari betreibe. Was und womit ich fessele, ist allerdings abhängig von der Tagesform, meiner und meines Gegenübers. Manchmal findet nur ein bisschen Fesseln mit Tüchern statt, manchmal wird es ein ultrakompakter „Brezel“-Hogtie mit Verbindungsseil von den Zehen zum Knebel – nichts für Untrainierte.

Beim Fesseln kommt es mir neben dem Gefühl auch auf die Optik an. Deshalb verräume ich – speziell für Fotos – lose Seilenden, achte auf kompakte Knoten und schaue, dass die Seile schön laufen. Außerdem vermeide ich Materialmix und verwende nach Möglichkeit nur optisch und haptisch zusammenpassendes Fesselmaterial, entweder nur Metall, oder nur Seile, oder nur Gürtel. Ebenso traditionalistisch bin ich bei den Farben und bleibe im Regelfall monochrom oder Ton in Ton. Deshalb mag ich auch mehrfarbige Seile wie Bergsteigerseile nicht so besonders. Die unruhige Oberfläche stört den Gesamteindruck und lenkt den Blick vom Wesentlichen ab. Ganz selten mische ich um eines optischen Effektes willen mehrere Farben. So habe ich einmal für eine Fotosession mit dem Thema „gefesselter Clown“ (eigentlich Clownin *g*) rotes, weißes und blaues Seil zusammen verwendet. Aber ich habe genug Seil der jeweiligen Farbe, um einfarbig arbeiten zu können.

Samstag, 4. August 2007

Mit geschlossenen Augen

Der Seidenschal als Augenbinde gehört schon so sehr zu den normalen Schlafzimmerspielen, dass ihn wohl kaum noch jemand als dem BDSM-Bereich zugehörig empfindet. Prickelnde Abwechslung, ja, aber doch überhaupt nicht mit den sprichwörtlichen Peitschen und Ketten der schwarzen Szene zu vergleichen, oder?

Dabei gehört das Verbinden der Augen zu den interessantesten und wirkungsvollsten Fesselungsvarianten.

Der Mensch ist in erster Linie ein Augentier. Kann er nicht mehr sehen, so ist er auf seine anderen Sinne zurückgeworfen. Beschränkt auf Hören, Riechen, Fühlen und Schmecken nimmt er seine Umgebung ganz anders wahr und entdeckt auch seinen Partner ganz neu. Selbst ohne jede weitere Fessel ist eine Augenbinde alleine schon eine sehr intensive Form von Bondage. Man weiß nicht, ob jemand und wer einen gerade anschaut. Jede Bewegung erfordert Vorsicht und Überlegung. Noch spannender wird es, soll man in diesem Zustand eine Aufgabe ausführen oder will man etwas Alltägliches tun – und sei es nur, den Stuhl heranzuziehen und sich an den Tisch zu setzen.

Eine Augenbinde eröffnet so viele Möglichkeiten für interessante Spiele, als einziges Bondageutensil ebenso wie als Ergänzung zu weniger restriktiven Fesselungen, die dem/der Begünstigten ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit lassen. Natürlich könnte der/die Trägerin die Binde einfach abnehmen. Sofern er oder sie sie nicht freiwillig auflassen will, hilft das Androhen einer Strafe oder in hartnäckigen Fällen ein Schloss an der Schnalle.

In Verbindung mit einer umfassenderen Bondage intensivieren verbundene Augen diese, verstärken das Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins. Ebenso erleichtert es bei der meditativeren Form der Bondage eine Augenbinde, sich fallen zu lassen, weil sie die Umwelt aussperrt. So macht sie eine Fesselung für Begünstigte und häufig auch den Rigger vollständiger. Außerdem erschwert sie ein Entkommen aus der Bondage.

In der Praxis existieren zahlreiche Methoden, das Sehvermögen während eines Spiels einzuschränken. Die Spanne reicht vom Tuch über die Schlafmaske bis hin zur Maske oder Haube aus Leder, Latex oder Lycra aus dem einschlägigen Fachhandel. Gut geeignet sind Mullbinden oder Heftpflaster (eher Leukosilk als Leukoplast), mit Vorsicht eingesetzt auch Klebeband. Bei der Autofahrt oder beim Spaziergang ist eine innen geschwärzte Sonnenbrille mit breiten Seitenstegen eine interessante Alternative. Die ganz luxuriöse Variante schließlich sind opake Kontaktlinsen, die ihre(n) Träger/in absolut blind machen, ohne dass dies von außen sichtbar ist.

Das Geschirr zur Session

… oder wenn man schon beim Frühstück auf einschlägige Ideen kommen will: Die Mahlzeit-Magnaten haben ein paar Geschirrserien mit passenden Motiven im Angebot. Die Serie „Handschellen“ dürfte selbsterklärend sein, die Teile von „Adieu Tristesse“ zieren Neunschwänzige und Schnürkorsage, und bei „Schneewittchen“ wird die Namensgeberin zur Domina, die die Zwerge an der Leine führt. Alle Teile sind einzeln zu kaufen und beliebig kombinierbar. Bei entsprechender Vorliebe kann man ja auch noch die eine oder andere Tasse mit Piercing oder Tattoo von Pure Kahla dazunehmen.

Dienstag, 31. Juli 2007

Begrifflichkeiten

In der BDSM-Szene bezeichnen bestimmte Begriffe bestimmte Vorlieben und Spielarten. Doch Definitionen, wie Sie etwa der Papiertiger bietet, spiegeln eine Konsistenz vor, die real so nicht existiert. Bondage-Enthusiasten haben es in dieser Hinsicht noch schwerer. Wie soll man sich und Gleichgesinnte bezeichnen, um Missverständnisse auszuschließen? „Bondager“ trifft es zwar, ist aber zugleich sehr generisch. Hier ist eine Vorliebe für Fesseln herauszulesen, aber nicht, welche Rolle der- oder diejenige im Spiel bevorzugt.

Im englischen Sprachraum haben deshalb einige Angehörige der Szene eine Trennung zwischen „Bondager“ für denjenigen, der fesselt, und „Bondagee“ bzw. „Bondagée“ für denjenigen, der gefesselt wird, vorgeschlagen. Doch selbst dort haben sich diese Begriffe nicht durchgesetzt. Für die deutschsprachige Szene gab es entsprechende Übersetzungsversuche. Allerdings klingt „Bondagist“ zumindest in meinen Ohren recht bemüht, und „Bondagette“ leidet unter dem doppelten Nachteil, nicht geschlechtsneutral zu sein und für manchen eine spezielle Bedeutung zu besitzen. „Rigger“ beschränkt den Fesselnden auf den handwerklich-technischen Aspekt. „Opfer“ für den/die Gefesselte(n) beschwört ein Bild herauf, dass mit den tatsächlichen Abläufen und Gefühlen während einer Bondage-Session nur bedingt etwas zu tun hat – und die scherzhafte oder ironische Verwendung dieses Begriffs erschließt sich Außenstehenden nicht unbedingt. Der von einer Freundin geprägte Begriff „Begünstigte(r)“ ist da erheblich treffender. Leider handelt es sich hier um eine Bezeichnung, die außerhalb eines recht übersichtlichen Kreises völlig unbekannt und erklärungsbedürftig ist.

Eine Ausweichmöglichkeit ist dann doch wieder der Rückgriff auf Definitionen der BDSM-Szene. Sie bieten zumindest eine ungefähre Orientierung, um einem Gegenüber Erwartungen und Bedürfnisse schildern zu können. Das Problem ist dabei der Facettenreichtum von BDSM – jeder nimmt sich da an einem riesigen Buffett auf den Teller, was ihm schmeckt. „Aktiver“ und „Passiver“ sind dabei aufgrund ihres klinisch-neutralen Beiklangs wohl die abtörnendsten Bezeichnungen. Bleiben also die häufig synonym verwendeten Paarungen „Dom/Sub“ und „Top/Bottom“. Ich sehe einen deutlichen Unterschied zwischen diesen Bezeichnungen. „Top/Bottom“ ist für mich neutraler, beschreibt eine Spielsituation ohne „Befehlsgefälle“. Bei D/S ist dagegen gerade dieses Gefälle konstitutiv, der „Standesunterschied“ während des Spiels maßgeblich und ins Spiel eingebunden. Als meistenteils Nur-Bondager kann ich mich deshalb mit „Top“ und „Bottom“ am ehesten anfreunden; für einen Dom bin ich zu nett. Aufgrund der szenetypischen Konnotate bin ich auch damit nicht ganz glücklich, aber ich halte diese Begriffe für den besten Kompromiss.

Da ich gerade dabei bin: Auch bei „Session“ und „Spiel“ hat wohl jeder seine Privatdefinition, je nachdem, wie er spielt. Die einen spielen eben mal „einfach so“ oder haben „Spielbeziehungen“, wo man sich für eine Session verabredet. Andere spielen nur innerhalb einer Beziehung, mit allem Drum und Dran, Sex, Liebe und Gefühle inklusive. Da beschreibt „Spiel“ eher den räumlichen/zeitlichen Aspekt des „Wir machen jetzt etwas Schönes zusammen“ als ein unverbindliches „Ist ja nur ein Spiel“.

Es bleibt schwierig.

Montag, 30. Juli 2007

Alter Sack und Spaß dabei

Ich bin gerade über Partners En Twine gestolpert. Aus diesem Anlass möchte ich ein paar Punkte in Erinnerung rufen, die angesichts allgegenwärtigen Jugendwahns und silikonierter und photogeshoppter Werbezombies in Vergessenheit zu geraten drohen:

  1. Man kann auch jenseits der 20 und auch ohne fitnesstudio-gestählten Alabasterkörper ziemlich viel Spaß haben.
  2. Niemand ist unfotogen. Es kommt auf die Haltung an. Wer authentisch ist und die Kamera vergisst oder sich auf das Spiel mit ihr einlässt, bekommt gute Bilder von sich.
  3. Outdoor ist sehr unterhaltsam.

Sonntag, 29. Juli 2007

Historische Bondage-Bilder

Wer sich etwas intensiver mit Bondage beschäftigt, weiß, dass John Willie nicht der erste war, der Fotos wohlverschnürter Frauen anfertigte. Einen Blick in die Anfänge der Bondage-Fotografie erlaubt ein bei der Réunion des musées nationaux digitalisiertes Fotoalbum Charles François Jeandels* mit um 1880 entstandenen Aufnahmen.

Den historischen Hintergrund liefert dieser Blog-Artikel: Demnach lebten der Autor Charles François Jeandel und seine Frau Madeleine als angesehene Mitglieder der Gesellschaft in Charente; Jeandel gehörte u.a. der Archäologischen Gesellschaft der Stadt an. Jeandel war anscheinend Hobbykünstler und Hobbyfotograf und arbeitete mit dem heute nur noch extrem selten eingesetzten Verfahren der Cyanotypie, um Abzüge herzustellen. Die gezeigten Bilder stammen aus einem Fotoalbum aus dem Nachlass der Jeandels, das sich heute in der Sammlung des Musee d'Orsay befindet.

Aus heutiger Sicht sind die Fotos in mehrerer Hinsicht interessant: Monsieur Jeandel hat anders als viele seiner fotografierenden Zeitgenossen nicht nur ein paar allegorische Seile um seine Modelle drapiert, sondern sie recht handfest verschnürt. Außerdem zeigen seine Fotos eine große Bandbreite an Fesselpositionen, da ist schon vieles drin, was heute etabliert ist.

*) Die Bilder lassen sich mit dem Namen „Jeandel“ im Suchfeld „Texte libre“ finden.