Dienstag, 31. Juli 2007

Begrifflichkeiten

In der BDSM-Szene bezeichnen bestimmte Begriffe bestimmte Vorlieben und Spielarten. Doch Definitionen, wie Sie etwa der Papiertiger bietet, spiegeln eine Konsistenz vor, die real so nicht existiert. Bondage-Enthusiasten haben es in dieser Hinsicht noch schwerer. Wie soll man sich und Gleichgesinnte bezeichnen, um Missverständnisse auszuschließen? „Bondager“ trifft es zwar, ist aber zugleich sehr generisch. Hier ist eine Vorliebe für Fesseln herauszulesen, aber nicht, welche Rolle der- oder diejenige im Spiel bevorzugt.

Im englischen Sprachraum haben deshalb einige Angehörige der Szene eine Trennung zwischen „Bondager“ für denjenigen, der fesselt, und „Bondagee“ bzw. „Bondagée“ für denjenigen, der gefesselt wird, vorgeschlagen. Doch selbst dort haben sich diese Begriffe nicht durchgesetzt. Für die deutschsprachige Szene gab es entsprechende Übersetzungsversuche. Allerdings klingt „Bondagist“ zumindest in meinen Ohren recht bemüht, und „Bondagette“ leidet unter dem doppelten Nachteil, nicht geschlechtsneutral zu sein und für manchen eine spezielle Bedeutung zu besitzen. „Rigger“ beschränkt den Fesselnden auf den handwerklich-technischen Aspekt. „Opfer“ für den/die Gefesselte(n) beschwört ein Bild herauf, dass mit den tatsächlichen Abläufen und Gefühlen während einer Bondage-Session nur bedingt etwas zu tun hat – und die scherzhafte oder ironische Verwendung dieses Begriffs erschließt sich Außenstehenden nicht unbedingt. Der von einer Freundin geprägte Begriff „Begünstigte(r)“ ist da erheblich treffender. Leider handelt es sich hier um eine Bezeichnung, die außerhalb eines recht übersichtlichen Kreises völlig unbekannt und erklärungsbedürftig ist.

Eine Ausweichmöglichkeit ist dann doch wieder der Rückgriff auf Definitionen der BDSM-Szene. Sie bieten zumindest eine ungefähre Orientierung, um einem Gegenüber Erwartungen und Bedürfnisse schildern zu können. Das Problem ist dabei der Facettenreichtum von BDSM – jeder nimmt sich da an einem riesigen Buffett auf den Teller, was ihm schmeckt. „Aktiver“ und „Passiver“ sind dabei aufgrund ihres klinisch-neutralen Beiklangs wohl die abtörnendsten Bezeichnungen. Bleiben also die häufig synonym verwendeten Paarungen „Dom/Sub“ und „Top/Bottom“. Ich sehe einen deutlichen Unterschied zwischen diesen Bezeichnungen. „Top/Bottom“ ist für mich neutraler, beschreibt eine Spielsituation ohne „Befehlsgefälle“. Bei D/S ist dagegen gerade dieses Gefälle konstitutiv, der „Standesunterschied“ während des Spiels maßgeblich und ins Spiel eingebunden. Als meistenteils Nur-Bondager kann ich mich deshalb mit „Top“ und „Bottom“ am ehesten anfreunden; für einen Dom bin ich zu nett. Aufgrund der szenetypischen Konnotate bin ich auch damit nicht ganz glücklich, aber ich halte diese Begriffe für den besten Kompromiss.

Da ich gerade dabei bin: Auch bei „Session“ und „Spiel“ hat wohl jeder seine Privatdefinition, je nachdem, wie er spielt. Die einen spielen eben mal „einfach so“ oder haben „Spielbeziehungen“, wo man sich für eine Session verabredet. Andere spielen nur innerhalb einer Beziehung, mit allem Drum und Dran, Sex, Liebe und Gefühle inklusive. Da beschreibt „Spiel“ eher den räumlichen/zeitlichen Aspekt des „Wir machen jetzt etwas Schönes zusammen“ als ein unverbindliches „Ist ja nur ein Spiel“.

Es bleibt schwierig.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich benutze einfach Top/Sub - das ist zwar nicht "politisch korrekt", aber passend: Top ist OBEN, Sub ist UNTEN, ohne das im deutschprachigen Raum zu sehr anglifizierend wirkende "Bottom".
Wie weit die nun auch DS praktizieren, lässt die Bezeichnung einfach offen - auch ein "Dom" ist ja "Top", und nicht etwa "unten".

Anonym hat gesagt…

*motz*
*anmerk* Spielbeziehung heißt nicht unbedingt das man sich nur zu einer Session trifft. Es kann darin ebenso tiefes Vertrauen entstehen, wie in einer "normalen" Beziehung. Spaß haben, Quatschen, Ausgehen und rumalbern inklusive.

The Jester hat gesagt…

@nasuada:
Meine Verwendung des Begriffs in diesem Kontext markiert ja auch nur eine Variante, ein Extrem als Gegenstück zum anderen Extrem einer Beziehung, in der die Partner alle Aspekte des Lebens teilen, und das ausschließlich miteinander. Eventuell war meine Wortwahl beeinflusst durch die Beobachtung, dass „Spielbeziehung“ für manchen in der Szene einen Charakter von Beliebigkeit hat.