Mittwoch, 31. Juli 2013

Stein für Stein abgeschottet

Zur Zeit hechle ich den aktuellen Ereignissen wegen anderer Verpflichtungen hinterher. Dennoch ein kurzer Blick nach England und die akut gewordenen Pläne für flächendeckende Filter für Online-Pornografie und besonders „gewalthaltige Pornografie“ – und England ist da schon seit jeher eigen in der Definition. Betrachtet man das Konzept, liegt die künftige Option „Wollen Sie regierungskritische Seiten sehen?“ nahe. Die andernorts schon vor ein paar Tagen gestellte Frage „Geht es wirklich um Porno?“ lässt sich inzwischen mit einiger Sicherheit mit „Nein“ beantworten. Schon jetzt ist klar, dass neben dem nach offizieller Verlautbarung weggefiltertem Schweinkram, den ja sowieso kein aufrechter Bürger sehen will, sehr viele andere Sachen gesperrt werden. Das Ganze per Default im Vertrauen darauf, dass die meisten Nutzer diese Einstellung genausowenig ändern wie das Passwort Ihres Routers und gar nicht merken, was sie plötzlich nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Was unter die aufgezählten Kategorien fällt, liegt natürlich in der Hand dessen, der den Filter schreibt. Das ist in diesem Fall die britische Regierung in trauter Zweisamkeit mit dem Unternehmen, das für den Great Firewall of China verantwortlich ist. Topf und Deckel, Kontrollfreak und Zensur-Spezialist. Die Kompetenz der zuständigen Politiker verdeutlicht das Verhalten der Abgeordneten Claire Perry: Die Website der schärfsten Verfechterin der britischen Filter wurde gehackt – und sie beschuldigte einen bekannten Blogger, der darüber berichtete, als denjenigen, der Pornos auf Ihrer Website eingebaut hätte, und drohte damit, für seine Entlassung zu sorgen. Und auch Premierminister David Cameron hat ein seltsames Verständnis vom Netz und seinen Nutzern.

Dass technische Lösungen für soziale Probleme nicht funktionieren und Überfilterung, false positives und false negatives nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein werden, hat Gregory Ferenstein vor kurzem am eigenen Leib erfahren dürfen und in 12 Innocent Topics That Britain’s New Hyper-Censored Internet Will Probably Block geschildert. Aber warum von irgendwelchen Fakten ablenken lassen? Augen zu und durch: Noch nicht einmal ganz eingeführt, ist der „freiwillige“ Filter auf Provider-Ebene demnächst verpflichtend.

Auch wenn es vermutlich viele schon kennen – eine schöne Einführung darüber, was ein Überwachungsstaat ist, zugleich Gelegenheit zu einem kleinen Realitätsabgleich:

Passt auch, dass Google vom langjährigen Kämpfer für Netzneutralität zum Gegner des Konzepts wird, kaum dass es selbst zum Provider wird.

Keine Kommentare: