Sonntag, 9. März 2014

Es is a Hetz

Bevor sich noch mehr ansammelt, mal wieder ein schneller Überblick zu relevanten Themen – unschön, aber wichtig:

Privacy International hat „The State of Privacy 2014“ zu Datenschutz und Datenschutzbewusstsein in aller Welt veröffentlicht (voller Bericht als PDF). La Quadrature du Net hat mit „Reclaim Our Privacy“ das passende Video als Ergänzung:

Die bereits erwähnte, trotz des Titels deutschsprachige Serie „How to Analyze Everyone“ ist um einige Artikel gewachsen, in denen unter anderem erklärt wird, wie sich persönliche Vorlieben und Entscheidungen aus Mustern vorhersagen lassen. In der Zwischenzeit hat Peter Acworth, der Gründer von Kink.com, gesagt, dass er keine Probleme befürchtet, wenn er die Vorlieben und Sehgewohnheiten seiner Kunden auswertet – wen außer seinem Unternehmen könnte das schon interessieren:

„I shouldn’t think anyone would really be interested in that. Who would want to buy data pertaining to whether somebody likes bondage or spanking?“

Dabei kann ja auch nichts passieren, sieht man am Beispiel des Nationalen Gesundheitsdienstes in England, wo die auch gegen Widerspruch von Betroffenen gesammelten Gesundheitsdaten von 47 Millionen Bürgern an ein Consulting-Unternehmen weitergegeben wurden, das die Daten zur schnelleren Analyse in Google gekippt hat, inklusive genügend Zusatzinformationen, um die Gesundheitsdaten den Personen zuzuordnen.

Der Kauf von WhatsApp durch Facebook hat viele Nutzer auf Alternativen umsteigen lassen. Dabei wurden plötzlich auch Datenschutz und Verschlüsselung zum Thema. Doch gerade bei Verschlüsselung sollte man nicht jedem Versprechen glauben; mobile Anwendungen sind nun einmal grundsätzlich unsicher. Inzwischen ist bekannt geworden, dass die NSA großflächig die Webcam-Gespräche von Yahoo!-Nutzern mitgeschnitten hat. Bei der Auswertung hatte sie dann damit zu kämpfen, dass die Masse der auf diesem Kanal verschickten Privatpornos nicht nur automatische Filter überfordert, sondern auch die Geheimdienstmitarbeiter zu sehr abgelenkt hat. Das hat Charles Stross zu „Rule 34, meet Kafka“ inspiriert:

„I am still trying to get my head around the implications that the British government’s equivalent of the NSA probably holds the world’s largest collection of pornographic videos, that the stash is probably contaminated with seriously illegal material, and their own personnel can in principle be charged and convicted of a strict liability offence if they try to do their job. It does, however, suggest to me that the savvy Al Qaida conspirators (yes, I know this is a contradiction in terms) of the next decade will hold their covert meetings in the nude, on Yahoo! video chat, while furiously masturbating.“

Weniger lustig ist dagegen, wie Geheimdienste im Internet manipulieren, täuschen und das Ansehen von Personen ruinieren. Die Überwachung wird währenddessen umfassender und allgegenwärtig, auch außerhalb des Internets. Zu der vor einiger Zeit erwähnten Präsentation “Meet Jack. Or, What The Government Could Do With All That Location Data„ gibt es jetzt ein Video:

Auf dem Flughafen von Newark wird ein „intelligentes“ LED-Lichtsystem getestet, das zugleich ein Überwachungsnetzwerk ist (deutsche Zusammenfassung). Und in Europa soll nach Möglichkeit eine Vorratsdatenspeicherung für Reisedaten eingeführt werden. Ach so, ich vergaß, „Vorratsdatenspeicherung“ soll man ja nicht mehr sagen, sondern stattdessen „private Vorsorgespeicherung“. Das Ministerium für Wahrheit lässt grüßen.

Den Politikern überall ist das Netz ohnehin zu offen. Der britische Minister für Migration will Grenzkontrollen im Internet und die Netzfilter auf „radikale Videos“ ausdehnen, der niedersächsische Landesmediendirektor will Pornofilter für das deutsche Internet, möglicherweise aus Angst um die eigenen Pfründe. Ein Schelm , wer beim propagierten Aufbau eine von den USA unabhängiger europäischer Kommunikationsnetzwerke Böses vermutet. Die Balkanisierung des Internets schreitet voran.

Auch das Thema Netzneutralität ist immer noch aktuell:

Ebenfalls nicht enden wollen die Versuche, Nutzern die Kontrolle über ihre Rechner und Programme zu nehmen. Neuestes Beispiel ist Netflix, das Kunden Browserfunktionen sperrt, wenn sie Filme ansehen wollen. Selbst Kaffee- und Kaffeemaschinenhersteller springen auf den DRM-Zug auf – es bleibt die Hoffnung, dass solches Verhalten vor Gericht scheitert.

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